13.06.2008

Räuber, Retter, Verlierer

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Räuber, Retter, Verlierer

Staatsfonds der Schwellenländer zahlen einen hohen Preis für die Aufnahme in den Club der Weltfinanz von Ibrahim Warde

Ob man hinnehmen solle, „dass Kommunisten und Terroristen unsere Banken in Besitz nehmen?“ Fragt sich Jim Cramer, der Staranalyst des amerikanischen Kabelsenders CNBC. Auf die selbst gestellte Frage gibt er die dröhnende Antwort: „In der verzweifelten Lage, in der wir sind, ist es egal, wer den Laden übernimmt.“1

Die fast gleichzeitig vollzogene Kapitalbeteiligung einiger Staatsfonds – fast durchweg aus sogenannten Schwellenländern – an kriselnden Finanzinstitutionen hat unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Während die Banken selbst unentwegt die Vorzüge der „starken, passiven und geduldigen“ Investoren aus Asien und dem Mittleren Osten2 rühmten, reagierten die Medien und die politische Klasse mit einem Gefühl der Resignation, in das sich auch Unbehagen mischt.

Die realen Liquiditätsprobleme haben die noch vorhanden Vorbehalte allerdings schnell beseitigt. Denn allein die Staatsfonds – die ihre Investitionen bislang äußerst diskret betrieben hatten – waren bereit, die quasi bankrotten Finanzgiganten noch einmal herauszupauken. Am 27. November 2007 kaufte der Finanzfonds Adia (Abu Dhabi Investment Authority) aus den Arabischen Emiraten 4,9 Prozent der Anteile der Citigroup (der größten Bank der Welt), was ihm 7,5 Milliarden Dollar (rund 5 Milliarden Euro) wert war. Zwei Wochen später schoss der Fonds GIC (Government Investment Corporation) aus Singapur der Schweizer USB, der zweitgrößten Bank der Welt, frische Mittel in Höhe von 10 Milliarden Dollar zu. Und am 19. Dezember 2007 erwarb der chinesische Staatsfonds CIC (China Investment Corporation) für 10 Milliarden Dollar 9,9 Prozent des Kapitals der großen US-amerikanischen Geschäftsbank Morgan Stanley.

Diese zeitgleiche Bekanntgabe der plötzlichen Verluste von Großbanken und des finanziellen Einstiegs der Staatsfonds ist inzwischen fast schon ein Ritual. Es kam auch schon vor, dass dieselben Institute, die man vor dem Bankrott gerettet glaubte, die Fonds erneut um Hilfe angehen mussten. Als zum Beispiel Merrill Lynch, die Nummer eins des Börsenhandels, am 24. Dezember 2007 bekannt gab, dass sie sich vom Finanzierungsfonds Temasek aus Singapur 4,4 Milliarden Dollar besorgt hatte, schienen die Liquiditätsprobleme des Hauses beseitigt. Aber schon am 15. Januar 2008 investierten andere Staatsfonds – unter anderem aus Kuwait und Südkorea – weitere 6,6 Milliarden Dollar in den Bankgiganten. Und am selben Tag gab die Citigroup bekannt, dass an einem neu aufgelegten Finanzfonds von 12,5 Milliarden Dollar GIC aus Singapur und KIA (Kuwait Investment Authority) beteiligt sind. Damit hatten diese Staatsfonds binnen weniger Wochen insgesamt mehr als 60 Milliarden Dollar in den Finanzsektor der westlichen Wirtschaft investiert.3

Verkehrte Welt! Mitten im Siegeszug der Marktwirtschaft mussten diese fernen Staatsfonds den größten Banken des Westens zu Hilfe eilen. Dabei zeigten sich diese zu Beginn des Finanzjahrs 2007 bestens in Form. Sie vermeldeten das Engagement zahlreicher neuer Akteure – vor allem spekulativer Anleger (Hedgefonds) und Vermögensbeteiligungsgesellschaften (Private Equity) – und steuerten mit ihrer Strategie der kurzfristigen Verschuldung auf neue Rekordgewinne zu.

Doch das Jahr endete mit einem katastrophalen Wetterumschlag. Schon im Frühling tauchten bei den „Subprimes“, den riskantesten Hypothekenkrediten, erste Schwierigkeiten auf, die jedoch keine große Besorgnis auslösten. Man sprach noch von einer „weichen Landung“, ja von einer notwendigen und begrüßenswerten „Korrektur“ auf dem Immobilienmarkt.

Im Laufe des Sommers häuften sich jedoch die Alarmzeichen: Die internationale Finanzwelt musste entdeckten, dass sich ihre überaus raffinierten Anlagemodelle als Luftschlösser erwiesen. Plötzlich fanden ihre Derivate, trotz positiver Bewertung durch die Rating-Agenturen, keine Abnehmer mehr, und selbst die seriösesten Finanzhäuser standen von heute auf morgen vor dem Problem, dass sie den Marktwert eines Großteils ihrer Aktiva nicht mehr zuverlässig einschätzen konnten.4

Von da an setzten die „Regeln“ des deregulierten Finanzsektors einen Prozess mit unkalkulierbaren Folgen in Gang. Zu der Liquiditätskrise kam eine zweite Krise hinzu: die des Vertrauens in das Finanzsystem insgesamt.

Plötzlich wurde offenbar, dass die riskanten Finanzderivate, die ihren Erfindern zuvor Rekordgewinne eingebracht hatten, zu einem „finanziellen Massenvernichtungsmittel“5 mutiert waren, wie es Warren Buffett, einer der größten globalen Spekulanten, ausdrückte. Das „systemische Risiko“ eines Totalzusammenbruchs des globalen Bankensystems spitze sich zu. Sogar die Möglichkeit einer Weltwirtschaftskrise, vergleichbar mit jener nach 1929, wurde beschworen.

Dieses Klima allgemeiner Panik macht erklärlich, warum die Zentralbanken, die wichtigsten finanzpolitischen Regulierungsinstanzen und die Regierungen plötzlich ihren eigenen Prinzipien abschworen. Am 17. Februar 2008 verkündete der britische Finanzminister die Verstaatlichung der zahlungsunfähigen Hypothekenbank Northern Rock. Am 16. März organisierte die US-Zentralbank (Fed) die Rettung der fünftgrößten Geschäftsbank Bear Stearns, indem sie dem Konkurrenten JPMorgan Chase die nötigen Finanzmittel zur Übernahme des Bankrotteurs zur Verfügung stellte. Zudem beschloss die Fed eine weitere massive Zinssenkung und gab damit das Ziel der Inflationsbekämpfung endgültig auf – obwohl ihre Politik der niedrigen Zinsen schon zwischen 2001 und 2006 eine verhängnisvolle Rolle beim Entstehen der Immobilienblase gespielt hatte.

Ungeliebt, aber höchst willkommen

Der US-Kongress unterstützte bedingungslos eine fast lupenrein keynesianische Politik der Konjunkturankurbelung, während die Regierung, zur Entlastung der Finanzakteure, die von dem Immobiliendebakel am stärksten betroffen waren, mit einer Serie von Maßnahmen in den Markt eingriff, wobei sie gleichzeitig „marktgerechte Lösungen“ beschwor.

Mit der Hypothekenkrise verändern sich die Strategien der Staatsfonds aus den Schwellenländern auf grundlegende Weise. Zuvor waren diese Fonds alles andere als willkommen im System der globalen Finanzökonomie, das auf Mechanismen des faktischen Ausschlusses basierte. Diese „Finanzfestung“ hatte etwas von den „Gated Communities“, in denen sich die Privilegierten gegen eine chaotische Umwelt schützen. Innerhalb dieses abgeschotteten Klubs der Hochfinanz herrschte allerdings große Freiheit, die sich ganz und gar auf die Mechanismen der Selbstregulierung verließ. Und diese Freiheit war eben nur um den Preis höchster Wachsamkeit gegenüber der Umgebung zu haben.

Ungeachtet der gängigen Formel vom „freien Unternehmertum“ war es in der Vorkrisenzeit keineswegs Usus, die Filetstücke des Finanzsektors irgendwelchen hergelaufenen Interessenten abzutreten. 2005 scheiterte zum Beispiel der Versuch der chinesischen China National Offshore Oil Corporation (Cnooc), das bedeutende Ölunternehmen Unolocal zu übernehmen. Und 2006 löste die Absicht des Investors Dubai Ports World, die Kontrolle über die Terminals von sechs Hafenstädten in den USA zu übernehmen, einen wahren Proteststurm aus.

Diese Einstellung hat sich jedoch mit der Verschärfung der Finanzkrise geändert. Dennoch blieb es auch bei der jüngsten Welle von Kapitalbeteiligungen dabei, dass die Staatsfonds eine gewisse Einschränkung ihrer Macht hinnehmen müssen: Sie erhalten bei ihrem Einstieg in der Regel keinen Sitz in den Aufsichts- und Verwaltungsräten der Unternehmen; oder ihr Anteil darf einen bestimmten Grenzwert (zum Beispiel 10 Prozent) nicht überschreiten; oder die Regulierungsbehörden behalten sich ein Kontrollrecht vor, falls die definierte Schwelle überschritten wird. Die norwegische Finanzministerin Kristin Halvorsen, die über den zweitgrößten Staatsfonds der Welt mit einem geschätzten Wert von 330 Milliarden Dollar gebietet, hat die ambivalente Einstellung zu den staatlichen Beteiligungsfonds auf den Punkt gebracht: „Sie lieben uns nicht, aber sie wollen an unser Geld.“6

Diese Bemerkung macht zugleich die Kehrtwendung der westlichen Regierungen und Machteliten begreifbar. Noch im September 2007 hatte Präsident Nicolas Sarkozy bei einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel geäußert, man müsse besonders den Bereichen der Wirtschaft Aufmerksamkeit schenken, in denen die freie Konkurrenz durch den Einfluss der Staatsfonds verzerrt zu werden drohe. Noch entschlossener gab er sich im Januar 2008: „Angesichts der wachsenden Macht der äußerst aggressiven Spekulationsfonds und der Staatsfonds, die sich an keinerlei Regeln der ökonomischen Vernunft halten, kann Frankreich auf keinen Fall untätig bleiben.“

Aber schon eine Woche später setzte Sarkozy bei seinem Besuch in Saudi- Arabien die Akzente anders: „Frankreich wird sich gegenüber den Staatsfonds immer aufgeschlossen zeigen, sofern deren Absichten ohne Hintergedanken sind, sie transparent geführt werden und wenn deren Ursprungsländer sich gegenüber ausländischem Kapital in derselben Weise öffnen.“

Diesen Widerspruch sollen nun sogenannte Ethikrichtlinien (codes éthiques) lösen helfen. Die OECD, der IWF, die Weltbank und weitere Institutionen sind schon dabei, solche Richtlinien zu entwerfen. Im Vorgriff darauf hat der Staatsfonds Adia aus Abu Dhabi seine eigenen Ethikgrundsätze veröffentlicht. Beruhigend wirken sollen vor allem die beiden Leitideen „Verantwortung“ und „Transparenz“ – zu verstehen sind darunter Angaben über die Höhe der investierten Mittel und die Bereiche, in die sie fließen. Freilich steht die Frage der Transparenz schon seit über 20 Jahren auf der Tagesordnung der Finanzwelt, ohne dass dabei bislang ernsthaft etwas herausgekommen wäre. Und was das Prinzip „Verantwortung“ betrifft, so kann es höchst gegensätzlich interpretiert und angewendet werden. Die Rolle des „verantwortlichen Aktionärs“ mochte früher darin bestehen, sich nicht in die Leitung des Unternehmens einzumischen – das galt vor allem für den einfachen „Couponschneider“, der eine verlässliche Dividende erwartete. Heute bedeutet die Maxime moderner Unternehmensführung in der Regel fast das Gegenteil: Der neue, aktive Typus des „verantwortlichen Aktionärs“ macht Druck auf das Management, um aus dem Unternehmen eine möglichst hohe Wertschöpfung herauszuholen.

Was sind nun diese Staatsfonds, deren finanzielle Kraft auf nahezu 3 000 Milliarden Dollar geschätzt wird? Und was sind ihre Ziele? Sind sie Räuber oder Retter, oder gehören sie selbst zu den Betrogenen? Jenseits des ihnen allen gemeinsamen Merkmals, dass ihre Gewinne öffentliches Eigentum sind, haben diese Fonds – zu denen auch einige öffentliche oder quasiöffentliche Unternehmen gezählt werden – ziemlich unterschiedliche Profile, Ziele und Funktionsweisen. Beunruhigend ist dabei vor allem, dass sie verschiedene Unternehmensziele gleichzeitig verfolgen und dabei unterschiedliche Geschäftsmethoden praktizieren können. Zum Beispiel können ihre Kapitalbeteiligungen politischen und strategischen Zwecken dienen, offenen oder verborgenen; sie können anstreben, vom passiven Investor zum aktiven strategischen Entscheidungsträger zu werden, mit weitreichenden Folgen.

Wenngleich die Staatsfonds erst seit einigen Monaten Schlagzeilen machen – sie existieren schon seit mehr als 50 Jahren. Schon 1953 gründete der Staat von Kuwait seinen „Reservefonds für die künftigen Generationen“, den man damals allerdings noch nicht als „Staatsfonds“ bezeichnete. Nach seiner Umbenennung in „Kuwait Investment Authority“ (KIA) erwarb er im Laufe der Zeit Beteiligungen an großen westlichen Unternehmen, wie etwa 1969 bei Daimler-Benz (1969) und bei BP (1984). Nach Auskunft seiner Direktoren hat sich KIA immer als „verantwortungsbewusster“ Großaktionär verhalten, war also vor allem an einer vernünftigen Dividende interessiert und mischte sich nicht in Fragen der Unternehmensstrategie ein.7 Als die irakische Armee 1990 in Kuwait einmarschierte, konnte sich KIA der rechtlichen Kontrolle des Saddam-Regimes entziehen. Aber erst mit der jüngsten Welle steigender Benzinpreise konnte dieser Fonds, der immer wieder durch Unterschlagungen und Fehlinvestitionen beeinträchtigt wurde, wieder eine wichtige Rolle in der Weltwirtschaft übernehmen.

Die finanzielle Atombombe der Chinesen

Am kuwaitischen „Fonds für die künftigen Generationen“ orientierten sich auch die anderen Staatsfonds, die im Laufe der Zeit in den Öl oder andere Rohstoffe exportierenden Ländern gegründet wurden, so in Abu Dhabi, Katar, Oman oder Dubai. Weitere Staatsfonds entstanden in asiatischen Schwellenländern wie Singapur, Südkorea, Malaysia und Taiwan, deren Regierungen versuchten, die aus einem kräftigen Wirtschaftswachstum resultierenden Handelsüberschüsse möglichst profitabel zu verwerten.

China ist in diesem Zusammenhang ein Fall für sich, und zwar sowohl aus politischen als auch ökonomischen Gründen. Dank seiner angehäuften gigantischen Währungsreserven (von rund 1 500 Milliarden Dollar) hat das Regime in Peking schon mehr als einmal darauf hingewiesen, dass es eine „finanzielle Atombombe“8 besitzt. Im Hinblick auf die diversen Streitigkeiten mit den USA (über Fragen der Währungs- und Exportpolitik, der Menschenrechte und der Produktpiraterie) ist China zweifellos die einzige Nation, die finanzielle „Abschreckung“ für politische Zwecke einsetzen könnte.9

Die Welt der Finanzen war schon immer das Objekt von Begierden, Sehnsüchten und Moden, und auf dieser Bühne sind die Staatsfonds in letzter Zeit zweifellos zu Weltstars geworden. Ihr Aufstieg zur Macht produziert neuerdings viele Nachahmer. In Russland wurde am 1. Februar 2008 ein „Fonds für die zukünftigen Generationen“ ins Leben gerufen. Auch in Japan, Indien und Saudi-Arabien fasst der Staat die Gründung eigener Fonds zu ähnlichen Zwecken ins Auge. Diese Länder wollen einen Teil ihrer Währungsreserven und öffentlichen Fonds, die bisher lieber in sichere Anlageformen (wie US-Schatzanweisungen) investiert haben, nunmehr in neuen öffentlichen Fonds anlegen, die gewinnträchtigere Anlageformen riskieren. Wie bei den Fonds der Golfstaaten in den 1970er- und Japans in den 1980er-Jahren frönen die Finanzanalysten und Medien auch heute wieder ihrem Hang zu windigen Extrapolationen und behaupten beispielsweise, dass die Staatsfonds bis 2015 über ein Vermögen von 12 000 Milliarden Dollar verfügen werden.10 Solche Zahlen fördern zum einen alle möglichen Katastrophenszenarien, zum anderen aber auch einen unersättlichen Appetit auf Investitionen.

Als die neuen Stars der Finanzwelt sind die Topmanager der aggressivsten Staatsfonds (das heißt der Institutionen, die auf die höchsten Renditen aus sind) in derselben ökonomischen Denkschule groß geworden wie die „Finanzgenies“, die für das gegenwärtige Debakel verantwortlich sind.11 Von den tollkühnsten unter den spekulativen Investitionsfonds werden sie schon heute mit schamlosem Eifer hofiert, sei es, um sie in die bevorstehenden neuen Finanzabenteuer hineinzuziehen, sei es, um mithilfe ihrer finanziellen Ressourcen aus der eigenen finanziellen Sackgasse herauszukommen. Aber im Grunde ist das beinahe dasselbe.

Das große Wehklagen in den Medien gilt mehr den potenziellen Gefahren, denen die Empfänger dieser neuen Investitionswelle durch die Staatsfonds ausgesetzt sind, als den sozialen Folgen dieser Politik in den Volkswirtschaften der investierenden Länder. Dabei mussten diese „Fonds für die zukünftigen Generationen“, die ja die Ersparnisse ihrer Bürger zu schützen und deren Vermögen mehren sollen, bereits innerhalb weniger Wochen gewaltige Wertverluste hinnehmen. Seit dem rettenden Einstieg des in Singapur ansässigen Staatsfonds GIC bei der United Bank of Switzerland (UBS) hat das Kapital der Bank 55 Prozent seines Bilanzwerts eingebüßt. Und der Börsenwert der US-amerikanischen Citigroup ist seit der Beteiligung des Adia-Fonds aus Abu Dhabi um 40 Prozent eingebrochen. Für ihren Ehrgeiz, sich Zutritt zur alten „Finanzfestung“ zu verschaffen, zahlen diese staatlichen Fonds also einen hohen Preis.

Noch deutlicher lassen sich die enttäuschten Hoffnungen im Fall China aufzeigen. Im Mai 2007 kaufte sich die Pekinger Regierung in den berühmten US-Investmentfonds Blackstone ein, wobei sie für 10 Prozent der Anteile 3 Milliarden Dollar einsetzte. Kurz darauf eilte der erst im September 2007 gegründete Staatsfonds CIC (China Investment Corporation) durch ein Zuschießen von 10 Milliarden Dollar der US-Geschäftsbank Morgan Stanley zu Hilfe. Und die chinesische Citic-Bank (ein Instrument der Pekinger Regierung, das mit einem Staatsfonds verflochten ist) handelte mit der US-Geschäftsbank Bear Stearns im Zuge einer strategischen Allianz eine Überkreuzbeteiligung in Höhe von 1 Milliarde Dollar aus.12

Seit diesen strategischen Investitionen hat Blackstone 60 Prozent seines Börsenwerts eingebüßt, bei Morgan Stanley sind es 26 Prozent. Und Bear Stearns ist inzwischen zum spektakulärsten Opfer der Hypothekenkrise geworden: Mit staatlicher Hilfe konnte der Bankriese JPMorgan Chase den Konkurrenten für ein Butterbrot erwerben.

Andere dagegen sind von der globalen Finanzkrise härter betroffen. „Die Bonzen mögen noch so große Verluste verursachen, sie fallen immer wieder auf die Füße“, konstatierte die New York Times.13 „ Die wahren Verlierer sind die Menschen in der Finanzwelt, die ganz normale Bürojobs versehen und nun erleben müssen, wie ihre Arbeitsplätze wegfallen, selbst wenn sie mit der Immobilienkrise gar nichts direkt zu tun haben.“

Fußnoten: 1 Peter S. Goodman und Louise Story, „Foreigner buy stakes in the US at a record pace“, New York Times, 20. Januar 2008. 2 Henny Sender, „Silence not golden for sovereign funds“, Financial Times, 17. Januar 2008. 3 Bob Davis, „Wanted: SWF’s money sans politics“, The Wall Street Journal, 20. Dezember 2007. 4 Siehe Frédéric Lordon, „Die Mechanik der Finanzkrise“, Le Monde diplomatique, September 2007, und ders., „Die Zocker setzen auf den Staat“, Le Monde diplomatique, März 2008. 5 Simon English, „Apokalypse is nigh, Buffet tells Berkshire faithful“, The Daily Telegraph, 3. März 2008. 6 The Guardian, 24. Januar 2008. 7 Ashley Seager, „State Investors deny political motivations“, The Guardian, 25. Januar 2008. 8 Ambrose Evans-Pritchard, „China threatens ‚nuclear option‘ of dollar sales“, The Daily Telegraph, 10. August 2007. 9 Siehe Ibrahim Warde, „Schwacher Dollar, starker Bush“, Le Monde diplomatique, März 2005. 10 AP, Bericht über das Weltwirtschaftsforum in Davos, in: International Herald Tribune, 24. Januar 2008. 11 Charles R. Morris, „The Trillion Dollar Meltdown: Easy Money, High Rollers, and the Great Credit Crash“, New York (Public Affairs) 2008, S. 99–105. 12 Wall Street Journal, 20. Dezember 2007. 13 Landon Thomas Jr., „What’s 34 Billion Dollar on Wall Street?“, New York Times, 27. Januar 2008.

Aus dem Französischen von Ulf Kadritzke Ibrahim Warde ist Professor an der Fletcher School of Law and Diplomacy, Tufts University, Medford, Massachusetts, zuletzt erschien von ihm „The Financial War on Terror“, London (I. B. Tauris) 2006.

Le Monde diplomatique vom 13.06.2008, von Ibrahim Warde