16.01.2009

Das Geld wird schneller

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Das Geld wird schneller

An den Rücküberweisungen der Migranten hat lange Zeit vor allem die US-Bank Western Union verdient. Weil Afrika bis in die 2000er-Jahre kein dichtes Bankennetz hatte, konnte sie von den zunehmenden Geldströmen profitieren, die von den Einwanderungsländern in die Heimat der Migranten flossen. Sie hatte die passenden Dienstleistungen im Angebot und versprach eine unbürokratische Abwicklung, gestützt auf Internet und Handys.1

Western Union wickelt derzeit knapp 20 Prozent der offiziellen Geldsendungen von Arbeitsmigranten ab. Und fast alle Institutionen, die Mikrokredite vergeben, nutzen die Dienste von Transferfirmen – eine Goldgrube für die Unternehmen. Die Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB) schätzt, dass bei einer Überweisung von 100 Dollar durchschnittlich 19 Dollar Gebühren anfallen.2

Ein Teil der Migranten scheut diese Kosten und nutzt lieber die Angebote der unzähligen kleinen Agenturen, deren Büros man zum Beispiel auf der belebten Seven Sisters Road, im Norden von London findet. Hier bieten nigerianische und pakistanische Makler oder die ghanaische Agentur Maggie Gold „Hawala-Geldsendungen“ an.3 Sie versprechen den Nachkommen der ältesten afrikanischen Diaspora in Großbritannien, dass ihr Geld schnell in Accra ankommt.

Als nach dem 11. September 2001 internationale Überweisungen jedoch stärker kontrolliert und damit komplizierter wurden, blieb den Migranten nichts anderes übrig, als sich an die großen Anbieter zu wenden. Besonders das traditionelle Hawala-System geriet – nicht ohne Grund – in Verdacht: Die USA waren überzeugt, dass solche informellen Verbindungen zur Finanzierung des internationalen Terrorismus beitrugen.

Bis 2001 schickten die Migranten aus Afrika etwa die Hälfte ihrer Geldsendungen über informelle Kanäle. Nach Angaben der AfDB wächst der Markt der offiziellen Überweisungen inzwischen jährlich um 15 Prozent. Dies liege aber weder an einem entsprechenden Zuwachs der Geldsendungen noch an der langen Aufenthaltsdauer der Emigranten im Ausland, sondern vor allem daran, „dass die großen Geldtransferunternehmen immer mächtiger werden. Ihre Wachstumsraten lagen in den letzten Jahren, je nach Land zwischen 35 und 70 Prozent. Dieser Erfolg bedeutet im Wesentlichen, dass sie dem informellen Sektor Marktanteile abgenommen haben.“4

Aber es gibt auch Versuche, das Monopol der großen US-Banken zu brechen. 2002 gelang es der senegalesischen Unternehmensgruppe Chaka, sich auf diesem Markt zu etablieren: Sie hatte eine Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (Ecowas) vereinbart und nutzte deren Finanzinstitutionen, Sparkassen und Postscheckdienste. In Ostafrika hat der Fortschritt in Sachen Telekommunikation und Datenverschlüsselung neue Wege der Geldüberweisung eröffnet. Die kenianische Safaricom (die zur britischen Vodafone-Gruppe gehört) führte das System „M-Pesa“ ein. „Jede Transaktion kostet durchschnittlich etwa einen Dollar“, sagt Moin Siddiqui von der Zeitschrift African Business. Er findet das System großartig. „Man braucht nur eine SIM-Karte fürs Handy, um ein M-Pesa-Konto zu eröffnen. Und gegen Missbrauch ist das System durch PIN-Codes geschützt.“

Zwei Wochen nach der Einführung im März 2007 hatte M-Pesa bereits mehr als 10 000 Nutzerverträge abgeschlossen, und über 100 000 Dollar waren überwiesen worden. Heute hat die virtuelle Bank mehr als 2 Millionen Kunden in Kenia und setzt täglich 1 Million Euro um. Als Nächstes will Safaricom seine Dienste in Tansania und Uganda anbieten.

Fußnoten: 1 Siehe Dilip Ratha und Zhimei Xu, „Migration and Remittances Factbook 2008“, Washington D. C. (The World Bank) 2008. 2 Siehe „Send me a Number“, The Economist, 3. Januar 2008. 3 Zu Hawala (Hindi: „Vertrauen“) siehe Banque Africaine de Developpement (BAD), „Les transferts de fonds des migrants, un enjeu de développement“, Tunis 2007, www.co-developpe ment.org/?p=445. 4 Ebenda.

Le Monde diplomatique vom 16.01.2009