13.12.1996

Wie die Mafia die Weltwirtschaft unterwandert

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Wie die Mafia die Weltwirtschaft unterwandert

SIEBEN europäische Richter veröffentlichten kürzlich in Genf einen höchst besorgten Aufruf, in dem sie die Regierungen zu gemeinsamen Anstrengungen aufforderten, eine für die Demokratie tödliche Bedrohung abzuwenden. Die organisierte Kriminalität ist im Begriff, über ein gigantisches Netz von Partnerschaften und mit Unterstützung von Politikern und multinationalen Finanz- und Geschäftskreisen in sämtliche Bereiche der Weltwirtschaft vorzudringen; sie treibt ihr Spiel mit der rechtsstaatlichen Ordnung, die durch ein weitverzweigtes System korrupter Machenschaften nach und nach vergiftet wird.

Von MICHEL CHOSSUDOVSKY *

In einer Zeit der weltweiten Verflechtung der Märkte wird die Rolle der organisierten Kriminalität im Bereich der Wirtschaft immer noch nicht richtig eingeschätzt. Aufgrund von Hollywoodklischees und Sensationsjournalismus denkt die Öffentlichkeit beim Begriff Kriminalität an den Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung. Während kleinkriminelle Vergehen groß herausgestellt werden, erfährt man so gut wie nichts über die Rolle und den Einfluß von internationalen Verbrecherorganisationen in Politik und Wirtschaft.

Die blutigen Auseinandersetzungen rivalisierender Gangs auf den Straßen Chicagos gehören der Vergangenheit an, der Belle Époque der dreißiger Jahre. In der Nachkriegszeit haben die Verbrechersyndikate ihr Ansehen aufbessern können, weil sie sich zunehmend wie gewöhnliche Unternehmen verhielten. Seither ist das organisierte Verbrechen eng mit der Wirtschaft verflochten. Die Öffnung der Märkte, der Niedergang des Wohlfahrtsstaats, die Privatisierungen, die Deregulierung der internationalen Finanz- und Geschäftswelt usw. begünstigen die Zunahme unerlaubter Machenschaften und die Internationalisierung der damit einhergehenden Wirtschaftskriminalität.

Nach Angaben der Vereinten Nationen belaufen sich die jährlichen Einkünfte der transnationalen Verbrecherorganisationen weltweit auf circa 1000 Milliarden Dollar; das entspricht dem Bruttosozialprodukt (BSP) aller Länder, die – mit insgesamt 3 Milliarden Einwohnern – von der Weltbank als einkommensschwach eingestuft werden.1 Die geschätzte Summe umfaßt sowohl den Erlös aus illegalen Waffenverkäufen, aus dem Drogenhandel, dem Schmuggel atomaren Materials usw. als auch die Profite aus Geschäften, die von der Mafia kontrolliert werden (Prostitution, Glücksspiel, Devisenschwarzmärkte usw.). Unberücksichtigt bleiben dabei noch die laufenden Investitionen, mit denen sich kriminelle Organisationen die Kontrolle über rechtmäßige Geschäfte sichern, und damit ihr Machteinfluß auf die Produktionsmittel zahlreicher Bereiche der legalen Wirtschaft.

Zudem sind neue Beziehungen zwischen den chinesischen Triaden, der japanischen Yakuza und der europäischen und amerikanischen Mafia entstanden. Statt sich auf ihre traditionellen Aktivitäten zu beschränken und sie zu konsolidieren, haben sich diese Organisationen „im Geiste weltweiter Kooperation“ zusammengeschlossen, der sie zur „Erschließung neuer Märkte“ in legalen wie kriminellen Bereichen inspiriert.2 Nach Aussage eines Kenners der Szene „hat die organisierte Kriminalität bedeutendere Gewinne vorzuweisen als die meisten der Firmen, die von der Zeitschrift Fortune als die 500 größten der Welt dargestellt werden. (...) Ihre Organisationen erinnern eher an General Motors als an die traditionelle sizilianische Mafia.“3 Laut Reuter hat FBI-Direktor Jim Moody vor einem Unterausschuß im amerikanischen Kongreß ausgesagt, daß die Verbrecherorganisationen Rußlands „mit der Mafia im Ausland zusammenarbeiten, unter anderem mit der italienischen und kolumbianischen. (...) Der Übergang [der früheren Sowjetunion] zum Kapitalismus bietet neue Chancen, die schleunigst ausgebeutet werden.“

Parallel dazu arbeiten kriminelle Organisationen mit gewöhnlichen Firmen zusammen und investieren in eine ganze Reihe legaler Unternehmungen, die nicht nur zur Tarnung bei der Geldwäsche dienen, sondern auch ein sicheres Mittel darstellen, Kapital außerhalb der kriminellen Sphäre zu akkumulieren. Solche Investitionen gehen hauptsächlich in Bereiche wie Luxusimmobilien, Freizeitindustrie, Verlagswesen und Medien sowie Finanzdienstleistungen, aber auch in den öffentlichen Sektor, in Landwirtschaft und Industrie.

In den Waschstraßen der Steuerparadiese

WÄHREND des Spekulationsbooms der achtziger Jahre investierte die japanische Yakuza massiv im städtebaulichen Bereich und finanzierte ihre Aktivitäten über die jusen, jene Baufinanzierungsgesellschaften, die kürzlich durch den Verfall der Grundstückspreise in Tokio ruiniert wurden. Die italienische Mafia investiert sowohl in städtische Immobilien als auch in landwirtschaftliche Nutzflächen. In Thailand wurden die Dollarmilliarden aus dem Heroinhandel des „Goldenen Dreiecks“ gewaschen und von Unternehmensbruderschaften und Geheimgesellschaften in die Finanzierung von Bangkoks Textilindustrie umgeleitet. Die chinesischen Triaden pumpen Geld in Hongkongs Filmindustrie. Sie investieren außerdem in industrielle Joint-ventures in den chinesischen Provinzen Guangdong und Fujian sowie in der südchinesischen Freien Wirtschaftszone Shenzhen. Deren Umsatz wird weltweit auf 200 Milliarden Dollar geschätzt, das wären mehr als 40 Prozent des chinesischen BSP.4

Die Erlöse aus illegalen Geschäften werden im Bankensystem deponiert. Die Handelsbanken ihrerseits nutzen diese Mittel, um ihre Darlehens- und Investitionstätigkeit in der legalen wie auch kriminellen Wirtschaft zu finanzieren. Schmutziges Geld fließt auch in angesehene Investitionen auf den Finanzmärkten; kriminelle Organisationen halten einen Teil der Staatsschulden in Form von Obligationen und Schatzbriefen. In vielen Ländern sind diese Organisationen zu Gläubigern des Staates geworden und beeinflussen mit ihrem Engagement auf den Märkten die makroökonomische Regierungspolitik. An den Börsen engagieren sie sich auch im spekulativen Handel mit Derivatpapieren und Rohstoffen.

Die Mafia investiert in großem Umfang in Geschäftsbanken, Maklerfirmen und große Anwaltskanzleien, die sie zum Teil selber kontrollieren. Zur Geldwäsche bedient sich die organisierte Kriminalität bestimmter US-amerikanischer Großbanken oder Beteiligungsgesellschaften oder auch Unternehmen, die auf den Gold- und Devisenhandel spezialisiert sind.5

Obwohl die Geldwäsche über Banken in vielen Fällen eindeutig nachzuweisen ist, werden immer nur subalterne Angestellte beschuldigt. Sehr wenige Banken wurden bislang zur Rechenschaft gezogen. 1994 etwa verurteilte ein Gericht in Houston, Texas, die internationale American-Express-Bank zu einer Ordnungsstrafe von 7 Millionen Dollar und einer Geldbuße von 25 Millionen Dollar, weil sie in eine Geldwäscheaffäre verwickelt gewesen war. „Die American-Express- Affäre begann mit der Anklage zweier Bankdirektoren aus Beverly Hills (Kalifornien), denen man nachwies, Geld gewaschen zu haben, das auf American- Express-Konten lag; die wiederum wurden von anonymen Depots kontrolliert, die Briefkastenfirmen auf den Kaimaninseln gehörten. Um zu einem Resultat zu kommen, mußte das FBI darauf verzichten, American Express zu verklagen. Wir sind zu dem Schluß gekommen, daß nicht nachzuweisen ist, ob die Bank als solche an den kriminellen Handlungen beteiligt war“, kommentierte der stellvertretende Staatsanwalt David Novak, „diese betrafen lediglich eine Abteilung.“6

In den Steueroasen unterhalten die Verbrechersyndikate Kontakte zu den größten Handelsbanken der Welt; deren örtliche Filialen sind auf private banking spezialisiert und bieten bei der Führung steuerlich hochbegünstigter Konten einen diskreten, persönlichen Service. Diese Möglichkeiten zur Steuerflucht werden von legalen Firmen ebenso genutzt wie von kriminellen Organisationen. Der technologische Fortschritt in Bankwesen und Telekommunikation bietet zahlreiche Möglichkeiten, die Erlöse aus illegalen Transaktionen rasch weiterzuleiten und verschwinden zu lassen.

Geld kann auf elektronischem Wege problemlos von der Muttergesellschaft auf ihre als Briefkastenfirma in einer Steueroase registrierte Tochtergesellschaft transferiert werden und umgekehrt. Auf diese Weise werden von Firmen, die die Mittel institutioneller Anleger verwalten (darunter Pensionsfonds, Sparfonds bei Genossenschaftsbanken und Geldmarktfonds), Gelder in Milliardenhöhe verschoben, indem sie abwechselnd über Konten in Luxemburg, auf den Kanalinseln oder den Kaimaninseln usw. laufen. Die mit der Steuerflucht einhergehende Ansammlung riesiger Firmenkapitale in Steueroasen ist einer von mehreren Gründen für die wachsenden Haushaltsdefizite in bestimmten westlichen Ländern.

Das Ausmaß dieser Erscheinung ist beeindruckend. Es gibt rund fünfundfünfzig Steueroasen in fast allen Teilen der Welt. Allein die Kaimaninseln bilden das fünftgrößte Bankenzentrum der Welt; dort sind mehr Banken und Firmen als Einwohner registriert.7 Große Kapitalaufkommen aus legalen und kriminellen Aktivitäten liegen auch auf den Bahamas, den britischen Jungferninseln, den Bermudas und auf St. Martin – ganz abgesehen von den Finanzplätzen des Pazifiks und des Indischen Ozeans (Vanuatu, die Cookinseln, Mauritius).

Die US-amerikanische Geschäftsbank Merrill Lynch schätzt das von den Steueroasen aus verwaltete Privatvermögen auf mindestens 3000 Milliarden Dollar beziehungsweise 15 Prozent des globalen Bruttosozialprodukts.8 Da der größte Teil dieser Gelder jedoch auf Konten liegt, die dem strikten Bankgeheimnis unterliegen, muß das tatsächliche Kapitalvolumen noch weit umfangreicher sein. Bevorzugte Steueroase ist nach wie vor die Schweiz: Mehr als 40 Prozent aller bei den dortigen Banken eröffneten Nummernkonten werden von Ausländern geführt.9 Steueroasen gibt es also nicht nur in den zahlreichen Billigstaaten der tropischen Inselwelt. Solche Vorzugsbedingungen sind in Westeuropa genauso etabliert und abgesichert: in Luxemburg, der Schweiz, auf den Kanalinseln10 , in Dublin, Monaco, auf Madeira, in Gibraltar oder auf Malta.

Die Steueroasen sind die Verlängerung des westlichen Bankensystems, insofern ihre Konten über ein Computerterminal oder auch über jeden Geldautomaten der Welt mittels einer Kreditkarte zu erreichen sind. Die Deregulierung hat sie zum Bestandteil der weltweiten Finanzmärkte gemacht.

Legale und illegale Geschäfte sind zusehends enger miteinander verflochten und haben die Strukturen des Kapitalismus nach dem Krieg grundlegend verändert. Die Mafia investiert in legale Geschäfte, aus diesen wiederum fließen Geldmittel in die kriminelle Wirtschaft, und zwar mittels der Kontrolle über Banken und Handelsunternehmen, die schmutziges Geld waschen helfen oder mit den Verbrecherorganisationen verknüpft sind. Die Banken behaupten, diese Transaktionen würden guten Glaubens vorgenommen und ihre Leiter wüßten nichts über die Herkunft der deponierten Gelder. Da die Devise lautet, nur keine Fragen zu stellen, dienen das Bankgeheimnis und die Anonymität der Transaktionen dem Schutz des Bankhauses vor öffentlichen Untersuchungen und Anschuldigungen, damit zugleich aber dem Schutz der Interessen des organisierten Verbrechens. Die Großbanken erklären sich nicht nur bereit, Geld gegen hohe Kommissionen zu waschen, sondern drängen der kriminellen Mafia auch hochverzinste Kredite auf – natürlich auf Kosten produktiver Investitionen in Industrie oder Landwirtschaft.

Insgesamt existiert eine enge Verbindung zwischen weltweiter Verschuldung, illegalem Handel und Geldwäsche. Seit der Schuldenkrise zu Beginn der achtziger Jahre sind die Rohstoffpreise abgesackt, was in den Entwicklungsländern zu dramatischen Einkommensverlusten geführt hat. Infolge der von den internationalen Geldgebern diktierten Sparmaßnahmen werden Beamte entlassen, staatliche Unternehmen verschleudert, öffentliche Investitionen eingefroren und Kredite für Landwirte und Industrielle eingeschränkt. Durch die verbreitete Arbeitslosigkeit und die sinkenden Löhne und Gehälter gerät die legale Wirtschaft in die Krise.

In vielen Ländern hat sich eine alternative Untergrundwirtschaft entwickelt, die der Mafia einen idealen Nährboden bietet. Wo der Binnenmarkt und die Exportwirtschaft gleichzeitig zusammengebrochen sind, entsteht ein wirtschaftliches Vakuum; illegale Produktion wird zur Hauptaktivität und wichtigsten Devisenquelle. Einem UNO-Bericht zufolge „wurde das Eindringen von Verbrechersyndikaten durch die Strukturanpassungsprogramme begünstigt, die die verschuldeten Länder akzeptieren mußten, um Zugang zu den Darlehen des Internationalen Währungsfonds zu erhalten“11 . In Bolivien trug die vom IWF befürwortete, 1985 umgesetzte „neue Wirtschaftspolitik“ zum Zusammenbruch der Zinnexporte und zu Massenentlassungen von Bergleuten durch das staatliche Bergbaukonsortium Comibol bei. Die den Arbeitnehmern ausgezahlten Abfindungen wurden in Grund und Boden in den Kokaanbaugebieten reinvestiert, was einen erheblichen Anstieg des Drogenhandels bewirkte. Auch in Peru hatte das von Präsident Alberto Fujimori verwirklichte Strukturanpassungs- und „Wirtschaftsstabilisierungsprogramm“ verheerende Folgen. Der „Fuji-Schock“ von 1990, der den Ölpreis von einem Tag auf den anderen um das Dreißigfache erhöhte, bedeutete das Ende der legalen Agrarproduktion (Kaffee, Mais und Tabak) und beschleunigte den Ausbau der Kokakulturen in der Region Oberhuallaga.

Das Anwachsen des illegalen Handels beschränkt sich jedoch nicht auf Lateinamerika, das Goldene Dreieck in Ostasien und den Drogenhalbmond im Mittleren Osten. In Afrika bewirkten die Abschaffung der Handelsschranken und die Dumpingpreise der europäischen und amerikanischen Getreideüberschüsse auf den lokalen Märkten einen dramatischen Rückgang der Produktion von Grundnahrungsmitteln, mit denen sich die Länder selbst versorgen könnten. Und unter dem Druck ihrer Auslandsschulden wandten sich mehrere Staaten dem Cannabisanbau zu. In Marokko begannen Tausende von Bauern, Haschisch anzupflanzen. Dies hatte einen illegalen Außenhandel zur Folge, dessen Volumen so groß ist wie sämtliche legalen marokkanischen Agrarexporte.12 In mehreren Ländern Afrikas konnte die Drogenmafia zudem bemerkenswert erfolgreich ihre Positionen in der Lokalpolitik ausbauen.

Mit Beginn der neunziger Jahre erhielten auch die ehemaligen Ostblockländer von ihren ausländischen Gläubigern eine wirtschaftliche Roßkur verordnet, deren Folgen verheerend waren. Armut und Chaos in der Produktion fördern den Aufschwung der kriminellen Wirtschaft. In der Ukraine beispielsweise unterstützte der IWF im Oktober 1994 umfassende Strukturreformen, die dazu beitrugen, die landwirtschaftliche Grundversorgung in eine tiefe Krise zu stürzen. Offizielle Beobachter der internationalen Drogenszene verzeichneten parallel zum Rückgang der Weizenerzeugung eine rapide Ausbreitung des Opiumanbaus. Auch im ehemaligen Jugoslawien gediehen zeitgleich mit dem Niedergang der einheimischen Landwirtschaft der Mohnanbau und die Einrichtung von Heroinküchen – unter der Kontrolle der italienischen Mafia Santa Corona Unita.13

Die von den ausländischen Gläubigern geforderten Privatisierungen und Umschuldungsprogramme haben zahlreiche lateinamerikanische und osteuropäische Staatsbanken in die Hand westlicher und japanischer Geschäftsbanken gebracht. In Ungarn beispielsweise wurde die Internationale zentraleuropäische Bank (CIB) von einem Konsortium ausländischer Banken aufgekauft, zu dem die italienische Banca commerciale, die Bayerische Vereinsbank, die japanische Bank für langfristige Kredite, die Sakura-Bank und die französische Société Générale gehören. Die CIB hat alle Freiheiten, auf dem gewinnträchtigen Gebiet der Geldwäsche mitzumischen, ohne sich dem Eingreifen der Regierung oder Wechselkursvorschriften und -kontrollen beugen zu müssen. 1992 hat ein Gerichtsurteil in Luxemburg bestätigt, daß die CIB vom Kalikartell zum Kapitaltransfer genutzt wurde. Nach Einschätzung der ungarischen Drogenbekämpfungsstelle „kann man angesichts der Wirtschaftsprobleme und dem Liquiditätsbedarf dieses Landes von der Regierung nicht verlangen, daß sie allzu genau darauf achtet, woher die auf ihren Banken deponierten Gelder stammen“14 .

In Bolivien und Peru hat die Reform des Bankwesens unter der Aufsicht des IWF den freien Devisenverkehr erleichtert. Dies bewirkte nach den Worten eines Beobachters „nicht weniger als die Legalisierung der Geldwäsche durch das peruanische Finanzsystem“15 . Außerdem gingen mehrere inländische Privatbanken, die im Verdacht gestanden hatten, in Geldwäschegeschäfte verwickelt zu sein, in die Hand ausländischer Kapitaleigner über. Das gilt etwa für die Interbanc, eine peruanische Staatsbank, die 1994 von Darby Overseas, einem auf den Kaimaninseln registrierten Konsortium, erworben wurde. Der Financial Times zufolge will Darby „zu äußerst riskanten Zinssätzen in den peruanischen Geschäftsbankensektor investieren, bis ein Brady-Umschuldungsplan vorliegt. (...) Darby wurde [1994] von Nicholas F. Brady [der unter Präsident George Bush Staatssekretär im Finanzministerium gewesen war], dessen engstem Mitarbeiter Hollis McLoughlin und Daniel Marx, dem früheren argentinischen Staatssekretär für Finanzen, gegründet. (...) Der Hauptbevollmächtigte der Interbanc ist Carlos Pastor, zu Beginn der achtziger Jahre Wirtschaftsminister Perus.“16

Die Privatisierungsprogramme in Osteuropa und der ehemaligen Sowjetunion umfassen den Verkauf von staatlichen Banken und Betrieben, von Energiekonzernen und öffentlichen Grundstücken sowie von Industrie- und Handelsunternehmen, einschließlich des rüstungsindustriellen Bereichs. Auf Betreiben der Institutionen von Bretton Woods wird der Erlös aus diesen Verkäufen für den Schuldendienst bei den westlichen Gläubigern verwandt, zu denen auch die großen Handelsbanken gehören.

dt. Sabine Scheidemann

* Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Ottawa.

Fußnoten: 1 Siehe den Report „Vereinte Nationen, Weltgipfeltreffen über soziale Entwicklungen. Die Globalisierung des Verbrechens“, Nachrichtenabteilung der UNO, New York, 1995, sowie den Bericht der Konferenz der UN über die Verbrechensverhütung, Kairo, Mai 1995. Vgl. auch Jean Hervé Deillier, „Gains annuels de 1000 milliards pour l'Internationale du crime“, La Presse, Montréal, 30. April 1996. 2 Daniel Brandt, „Organized Crime Threatens the New World Order“, Namebase Newsline, Ohio, Nr. 8, Januar-März 1995. 3 ebenda. 4 Nach Auskunft von Interviewpartnern des Verfassers in China und Thailand. 5 Jonathan Harris, „Drugged America“, Toronto (Macmillan) 1991, S. 52. 6 Russel Mokhiber, „Amex's Dirty Money“, Multinational Monitor, Washington, Dezember 1994. 7 Nach Schätzungen von Jack A. Blum „Drogas, desarrollo y estado de derecho“, Bilbao, Oktober 1994. Vgl. auch Jack Blum und Alan Bloch, „Le blanchiment de l'argent dans les Antilles“, in: Alain Labrousse und Alain Wallon, „La planète des drogues“, Paris (Le Seuil) 1993. 8 Vgl. „Increased Demand Transforms Markets“, Financial Times, London, 21. Juni 1995. 9 Peter Bosshard, „Cracking the Swiss Bank“, Multinational Monitor, November 1992. 10 Vgl. Jean Chesneaux, „Gut geschmierte Getriebe im großen Kasino der Welt“, Le Monde diplomatique, Januar 1996. 11 „Vereinte Nationen“, a. a. O., S. 2. 12 Pascal Morteno Toregroso, „La culture du kif et la dette nationale“, Interdépendances, Paris, März 1996. 13 Vgl. La Dépêche internationale des drogues, Paris, Nr. 45, Juli 1996. 14 Vgl. Alain Labrousse, „Un système bancaire à l'école du blanchiment de l'argent“, Interdépendances, März 1996. 15 Humberto Campodonico, „Les capitaux flottants paient la dette extérieure“, Interdépendances, März 1996. 16 Sally Bowen, „Ex-US Secretary's Company buys into Bank, Brady Investment in Peru“, Financial Times, 22. Juli 1994. 17 Diese Gangs kontrollieren 48000 Geschäfte, 1500 öffentliche Einrichtungen und 800 Banken. Vgl. Kommersant, Moskau, Nr. 20, 1994. 18 In der Studie wird ausgeführt, daß das organisierte Verbrechen in Rußland 35 bis 80 Prozent der Aktien bei den unterschiedlichsten Finanzunternehmen kontrolliert, die auf dem gesamten Staatsgebiet tätig sind. Vgl. Iswestija, Moskau, 21. September 1995, und Paul Klebnikow, „Stalin's Heirs“, Forbes, New York, 27. September 1993. 19 The Observer, London, 11. Sept. 1994, S. 6. 20 In Bolivien waren seit Mitte der achtziger Jahre die jeweiligen Regierungskoalitionen unter der Ägide der Nationaldemokratischen Partei, die seinerzeit von dem Militärdiktator Hugo Banzer geleitet wurde, in den Drogenhandel verwickelt. 21 Vgl. La Dépêche internationale des drogues, Nr. 51, Januar 1996. 22 Vgl. Le Monde, Dossiers et Documents, Paris, Januar 1996. 23 „Vereinte Nationen“, a. a. O., S. 3.

Le Monde diplomatique vom 13.12.1996, von MICHEL CHOSSUDOVSKY