11.12.1998

Kalter Staatsstreich fast ohne Folgen

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Kalter Staatsstreich fast ohne Folgen

SEIT im Februar 1998 der erste Staatspräsident der jungen armenischen Republik, Lewon Ter-Petrosjan, zum Rücktritt gezwungen wurde, hat sich kaum etwas geändert. Von wenigen Ausnahmen abgesehen besteht die neue Regierung unter Robert Kotscharjan seltsamerweise aus den gleichen Mitgliedern wie die seines Vorgängers. Weite Teile der Bevölkerung, die auf eine Besserung ihrer Lage gehofft hatten, sehen sich enttäuscht. Innerhalb des Triumvirats, das den Rücktritt des früheren Präsidenten erwirkt hatte ud die Schlüsselfunktionen der Macht übernahm, werden grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten sichtbar. Den Hintergrund des politischen Szenarios beherrscht das ungelöste Problem der Verhandlungen um die Enklave Berg-Karabach, die wieder einmal stocken. Das angrenzende Georgien ist von inneren regionalen und ethnischen Konflikten bedroht, bei denen russisch-amerikanische Machtkämpfe eine entscheidende Rolle spielen.

Von unserem Korrespondenten JEAN GUEYRAS *

Die neue Führung in Jerewan verwahrt sich gegen die Behauptung, der Rücktritt von Lewon Ter-Petrosjan sei die Folge einer „Palastrevolte“ oder gar ein „sanfter Militärputsch“ gewesen. Es sei alles ganz und gar im Rahmen der Verfassung geschehen, wird betont. Nach der Pressekonferenz vom 26. September 1997, auf der er den „beschämenden Kompromiß“ der Minsker Gruppe zu Berg-Karabach akzeptiert hatte, habe der Präsident sich durch die heftige Reaktion der Bevölkerung isoliert gefühlt. (Der Vorschlag der Minsker Gruppe, die aus der OSZE hervorging, sieht einen Rückzug Armeniens aus den besetzten aserbaidschanischen Gebieten vor.) Deshalb habe er es vorgezogen, sich aus der Politik zurückzuziehen, statt eine Macht auszuspielen, die durch die erheblichen Unregelmäßigkeiten bei seiner Wiederwahl im Oktober 1996 bereits geschwächt war.

Ter-Petrosjan stellt den Vorgang freilich anders dar. In seinem Rücktrittsgesuch vom 3. Februar 1998 spricht er öffentlich von einer „Rücktrittsforderung, die Ihnen bekannte Teile des Staatsapparats an mich gerichtet haben“. Er habe nur nachgegeben, um der Gefahr einer Destabilisierung des Staates vorzubeugen. Diese Entscheidung wurde später von einigen seiner engsten Mitarbeiter heftig kritisiert, die meinten, der Präsident habe mit seiner Einwilligung dazu beigetragen, einen Staatsstreich zu legitimieren.

„Die Partei des Friedens und eines redlichen Abkommens hat eine Niederlage erlitten.“ Dieser kurze Satz in der Rücktrittserklärung Ter-Petrosjans ist besonders aufschlußreich. Es scheint, daß der ehemalige Staatschef hier implizit seine Gegner, darunter auch seinen Premierminister sowie den Verteidigungs- und den Innenminister, beschuldigt, dem „Kriegslager“ anzugehören. Damit enthüllt er zugleich, was längst alle wußten, doch bis dahin niemand laut ausgesprochen hatte: daß es an der Staatsspitze schwerwiegende Meinungsverschiedenheiten über die Beilegung des Berg-Karabach-Konflikts gab.

Im Laufe der Pressekonferenz vom September vergangenen Jahres hatte sich Ter-Petrosjan für den Stufenplan ausgesprochen, den die Vermittler der Minsker Gruppe vorgeschlagen hatten. Er betonte, für ihn sei dieser Plan die einzige Möglichkeit, den Konflikt unter den gegenwärtigen Bedingungen beizulegen, und lehnte gleichzeitig die Forderung nach einer Unabhängigkeit Berg-Karabachs oder einer Angliederung der Enklave an Armenien als unrealistisch ab. Im November verfaßte der Präsident eine Schrift mit dem Titel „Krieg oder Frieden, es ist an der Zeit nachzudenken“, die von allen Blättern des Landes veröffentlicht wurde.

Ohne Umschweife erklärt er darin: „Die internationale Gemeinschaft wird die Situation in Karabach nicht mehr lange tolerieren, denn sie stellt eine Bedrohung für die Sicherheit, die regionale Kooperation sowie für die westlichen Ölinteressen dar.“ Ferner heißt es: „Maximalismus und Kompromißlosigkeit sind die besten Mittel zur Zerstörung Berg-Karabachs, denn die Region hat nur eine Schlacht, nicht aber den Krieg gewonnen.“ Und er warnte: „Heute sind Armenien und Karabach stärker denn je. Doch wenn der Konflikt nicht in einem oder zwei Jahren beigelegt ist, werden beide Länder dies mit einer beträchtlichen Schwächung bezahlen müssen. Was wir heute verwerfen, werden wir morgen zu erreichen versuchen – doch vergeblich, wie so oft in unserer Geschichte geschehen. Aserbaidschan, Armenien und Karabach werden ebenso Kompromisse eingehen müssen, wie es die Beteiligten am bosnischen oder auch am israelisch-palästinensischen Konflikt getan haben.“

Diese Sätze schrieb ein Mann, der mit dem Schlachtruf „Karabache merné“ (Karabach ist unser) an die Macht gekommen war und einem Komitee vorstand, dessen Hauptziel die Wiedereingliederung der Enklave in den armenischen Staat war. Daher löste der Artikel eine wahre Sturmflut empörter Reaktionen aus, die – in einem Land, in dem der „Karabach-Kult“ zur Institution geworden ist – sich mitunter am Rand des Vulgären und der Hysterie bewegten. Dabei hatte Ter- Petrosjan vorsichtigerweise angekündigt, er werde kein Abkommen unterzeichnen, mit dem die Einwohner von Berg-Karabach nicht einverstanden sein würden.

Ein armenischer Brutus

TER-PETROSJAN hatte 1997 den damaligen Präsidenten der selbsternannten Republik Berg-Karabach, Robert Kotscharjan, zum Premierminister ernannt – in der Erwartung, dadurch eine widerspenstige Opposition zu besänftigen, und der naiven Hoffnung, er könne den Präsidenten zu seinem Hauptverbündeten bei der Suche nach einer „realistischen Lösung“ der Krise machen. Doch Kotscharjan schlug sich auf die Seite der Kompromißgegner. Er vermied es zwar, den Präsidenten direkt anzugreifen, nutzte aber jede Gelegenheit, um seinen Gesprächspartnern zu erklären, der Wartschabed (Premierminister) und der Nachakah (Präsident) seien uneins bezüglich der Vorschläge der Minsker Gruppe und der meisten anderen Probleme betreffend den Berg-Karabach-Konflikt.

Verteidigungsminister Wasgen Sarkisjan ging sehr viel weiter: Während eines informellen Gesprächs in einer kleinen Journalistenrunde am 21. Oktober 1997 erklärte er, im Falle einer erneuten Krise zwischen Präsident und Bevölkerung werde die Armee strikte Neutralität wahren. Sie wolle nicht mehr einschreiten, um den Staatschef zu verteidigen, wie sie es noch im September 1996 getan hatte, als es nach Bekanntwerden von Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen vor dem Parlamentsgebäude zu Ausschreitungen kam.

Zum selben Zeitpunkt begannen in unterrichteten Kreisen in Jerewan Gerüchte zu kursieren, es gebe Pläne für einen möglichen Militärputsch unter Führung von Verteidigungsminister Wasgen Sarkisjan. Gleichzeitig formierte sich auch das Triumvirat von Premierminister Kotscharjan, Verteidigungsminister Wasgen Sarkisjan und Innenminister Serge Sarkisjan, das schließlich Ter-Petrosjan von der Notwendigkeit seines Rücktritts „überzeugte“. Dieser gab allerdings erst Ende Januar 1998 auf, als sein Verteidigungsminister Wasgen Sarkisjan, den er bis dahin für seinen Mitstreiter und treuesten Offizier gehalten hatte, sich offen gegen ihn stellte.

Wasgen Sarkisjan bekannte sich zu diesem Zeitpunkt zu den Positionen von Robert Kotscharjan (der allmählich die Rolle eines Schattenpräsidenten spielte), indem er in aller Form noch einmal bekräftigte, daß die Armee nicht eingreifen werde. In seiner neuen Rolle als „Königsmacher“ hatte er sich für den Premierminister als Nachfolger für Ter-Petrosjan entschieden.

Laut Verfassung hätte nun der Parlamentspräsident Babken Ararktsjan, ein enger Vertrauter des abgesetzten Präsidenten, die Amtsgeschäfte übergangsweise übernehmen und Neuwahlen vorbereiten müssen. Doch das Triumvirat, das soeben den Abschied Ter-Petrosjans erreicht hatte, setzte auch ihn unter Druck und erzwang seinen Rücktritt. In einem solchen Fall avanciert laut Verfassung der Premierminister zum amtierenden Staatschef – also Robert Kotscharjan.

Der Rücktritt von Ararktsjan war im übrigen die logische Folge eines Handstreichs im Parlament, wo vierzig Abgeordnete des Republikanischen Blocks, die bis dahin loyal zum Präsidenten gestanden hatten, wie durch ein Wunder innerhalb weniger Stunden die Seite wechselten: Sie traten dem Jerkrabah-Block1 bei, dessen starke Figur niemand anderer als der Verteidigungsminister höchstselbst ist. Unter diesen Bedingungen schien der Ausgang der Präsidentschaftswahlen gesichert.

Einziges Überraschungsmoment war die Kandidatur von Karen Demirtschjan, einem alten Apparatschik aus der armenischen KP der siebziger und achtziger Jahre (einer Zeit, als man nach allgemeinem Dafürhalten recht gut lebte in Armenien) und seit kurzem Anhänger einer Marktwirtschaft mit sozialen Versatzstücken. Zehn Jahre lang hatte diese charismatische Persönlichkeit es sorgsam vermieden, sich mit Politik zu befassen, und währenddessen einen der wenigen Industriebetriebe geleitet, die in Armenien noch funktionieren. Sein unvermitteltes Auftauchen in der Wahlarena löste Jubelstürme in der Bevölkerung aus, und beinahe wäre es gelungen, die so raffiniert eingefädelte Operation zur Inthronisierung Kotscharjans zu vereiteln: Den durchschnittlichen armenischen Wähler erfaßte plötzlich die irreale Hoffnung, daß sich seine Lebensbedingungen endlich verbessern könnten.

Bei der Stichwahl erhielt Kotscharjan 60 Prozent der Stimmen, Demirtschjan nur 40 Prozent. Die Frage, ob es zu Wahlfälschungen gekommen sein könnte, wird von den internationalen Wahlbeobachtergruppen zwar bejaht, doch mit Ausnahme der OSZE, die strenger urteilt, meinen sie, die Manipulationen seien zu geringfügig gewesen, um das Endergebnis ernsthaft in Frage zu stellen. Doch der einfache Mann in Armenien, eine Reihe Intellektueller unterschiedlicher Couleur und auch die meisten unparteiischen westlichen Beobachter sind der Überzeugung, daß Demirtschjan, der Mann der Stunde, um den Sieg gebracht wurde.

Die nächste Enttäuschung war die Bekanntgabe der Zusammensetzung der neuen Regierung am 20. April 1998. Unter dem jungen apolitischen Technokraten Armen Darbinjan, einer Art armenischem Kirijenko, sind fast nur altbekannte Politiker angetreten. Die einzige wirkliche Veränderung stellt die Vergabe zweier Ministerien an Mitglieder der ultranationalistischen Partei Daschnak dar, die Ter- Petrosjan im Dezember 1994 verboten hatte. Es handelt sich um die „ideologischen“ und demnach hochsensiblen Ministerien für Bildung und Kultur. Der Chef der Daschnak-Partei, Wahan Howanesjan, wurde aus dem Gefängnis entlassen, wo er eine vierjährige Strafe wegen staatsfeindlicher Aktivitäten verbüßte, und zum Berater von Kotscharjan erhoben.

Über die Hintergründe der prodaschnakischen Einstellung des neuen Staatschefs gibt es unterschiedliche Vermutungen. Am schlichtesten ist die Erklärung, er sei ein Sympathisant, wenn nicht sogar ein Mitglied der Partei. Eine andere besagt, Kotscharjan kenne diese Organisation nicht genau, und aufgrund seiner Abstammung aus Berg-Karabach könne er sich seine Bündnispartner nicht aussuchen – es handele sich also eher um eine zeit- und situationsbedingte Allianz, die den Interessen beider Seiten entgegenkomme.

Tatsächlich unterstützt die Daschnak die neue Regierung nicht vorbehaltlos. Sie begrüßt es zwar, daß ihr so bedeutende Ministerien anvertraut wurden, und hofft, mittels dieser Schlüsselpositionen ihre bislang schwache Stellung im Lande auszubauen. Aber die Partei versäumt keine Gelegenheit, ihre Unabhängigkeit gegenüber der neuen Landesführung unter Beweis zu stellen und eigene Forderungen zu erheben: einen harten Kurs in bezug auf Berg-Karabach; vorgezogene Wahlen, um eine Regierung loszuwerden, die sie für wenig repräsentativ hält; vor allem aber fordert sie die Anklage und Bestrafung der ehemaligen Regierungsvertreter, die sie der Unterschlagung und anderer Vergehen bezichtigt.

Berg-Karabach als Stein des Anstoßes

DIE rücksichtslose Privatisierungspolitik der neuen Technokraten wird von der parlamentarischen Opposition vehement abgelehnt. Sie will sich an der Regierung rächen, und tatsächlich hätte sie beinahe verhindert, daß die Jerewaner Kognakfabrik „unter Mißachtung des armenischen Gesetzes zu Schleuderpreisen“ an die französische Firma Pernod-Ricard verkauft wurde. Zahlreiche Abgeordnete bezichtigten Präsident Kotscharjan, in den Parlamentsberatungen zu dieser Frage „der Verfassung zuwidergehandelt“ zu haben, und erwogen sogar ein Amtsenthebungsverfahren. Auch in der Frage eines neuen Wahlgesetzes sind ernsthafte Divergenzen offensichtlich geworden: Die Jerkrabah unter Wasgen Sarkisjan spricht sich für das Mehrheitswahlrecht aus, während die übrigen Abgeordneten – darunter auch die mit Kotscharjan verbündete Daschnak – eine Abstimmung nach dem Verhältniswahlrecht befürworten.

Angesichts der näherrückenden Parlamentswahlen von 1999 zeichnet sich also bereits ein untergründiger Machtkampf innerhalb des derzeit regierenden Triumvirats ab. Das Tandem Robert Kotscharjan/ Serge Sarkisjan stünde dabei dem mächtigen Verteidigungsminister gegenüber, der seinerseits auf die Unterstützung seines Amtskollegen Samuel Babajan in Stepanakert zählen kann, des mächtigsten Mannes jener Republik Berg-Karabach, die sich für unabhängig erklärt hat.

Dennoch dürften die Auseinandersetzungen an der Regierungsspitze und im Parlament für den Präsidenten keine unmittelbare Bedrohung darstellen. Kotscharjan verfügt noch stets über eine loyale, wenn auch nicht immer zuverlässige Mehrheit im Parlament. Die Aktivitäten der Opposition braucht er nicht zu fürchten: Sie sind zwar sehr rege, aber untereinander zerstritten und mit dem Versuch beschäftigt, sich neu zu gruppieren und ihr Verhältnis zur Regierung zu definieren. Die Armenische Nationale Bewegung, die während der Präsidentschaft von Ter-Petrosjan Zünglein an der Waage spielte, hat sich von der Niederlage des früheren Staatschefs noch nicht erholt und bislang kein Programm entwickelt, wie sie ihren Kampf gegen die neue Regierung führen will. Sie ist sogar in mehrere Flügel zerfallen, die Wano Siradegjan, einer der engsten Mitarbeiter des früheren Präsidenten, bislang vergeblich wieder miteinander zu versöhnen sucht.

Die einzige wirkliche Bedrohung für den neuen Staatschef stellt der Konflikt um Berg-Karabach dar, der in eine diplomatische Sackgasse geraten ist. Bevor er im vergangenen September seinen Posten in Jerewan aufgab, warnte der Botschafter der Vereinigten Staaten, Peter Tomsen, die Armenier in freundschaftlichem Ton, es werde keine anhaltende ökonomische Entwicklung für Armenien geben, solange der Konflikt nicht beigelegt sei, und vertrat damit dieselbe Ansicht wie der geschaßte Ter-Petrosjan. Tomsens Nachfolger Michael Lemmon hatte seinen neuen Posten noch kaum bezogen, als er bereits nachsetzte und unmißverständlich erklärte, sein Land habe großes Interesse an der „territorialen Integrität Aserbaidschans“. Der armenische Präsident wird dem Druck der Vorsitzenden der Minsker Gruppe wohl nicht mehr lange standhalten, die sich weiterhin für einen Kompromiß einsetzen, der für alle beteiligten Partner akzeptabel ist.

In Karabachs Hauptstadt Stepanakert läßt Murad Petrosjan, ein enger Berater Samuel Babajans und für seine kriegerischen Äußerungen allgemein bekannt, keinen Zweifel an seiner Kritik: Er teilt mit vielen Berg-Karabachern die Ansicht, daß Kotscharjan ein willensschwacher, „mittelmäßiger“ Staatsmann ist, der schließlich dieselbe Politik verfolgen wird wie seine Vorgänger. „Es gibt keinen grundlegenden Unterschied zwischen dem Stufenplan, wie Lewon Ter-Petrosjan ihn vorgeschlagen hat, und der Gesamtlösung, die seine Gegner fordern“, versichert er. „Wir haben nur zwei Alternativen: Entweder nehmen wir es hin, zu Aserbaidschan zu gehören und nach dessen Gesetzen zu leben, oder aber wir führen erneut Krieg. Eine dritte Möglichkeit gibt es nicht.“

Gutunterrichtete Kreise in Jerewan teilen zwar die extremistischen Thesen nicht, die zum Teil nur Babajans Ansichten wiedergeben, schließen aber nicht aus, daß Kotscharjan sich zu einer realistischen Lösung des Berg-Karabach-Problems bereitfinden könnte. Sie sind sich sicher, daß der Präsident früher oder später keine andere Wahl haben wird, als den Weg seines Vorgängers zu gehen.

Sobald er dies aber tut, wird er unvermeidlich sowohl mit jenen in Konflikt geraten, die ihn an die Macht gebracht haben, als auch mit jenen Hardlinern in Berg-Karabach, die bei der Absetzung von Ter-Petrosjan eine maßgebliche Rolle spielten. Auch die Daschnak-Partei darf nicht vergessen werden: Einige ihrer Mitglieder haben der Parteispitze vorgeworfen, sich allzusehr auf seiten Kotscharjans engagiert zu haben. Die Antwort lautete unmißverständlich, dies sei aufgrund der „entschiedenen“ Haltung der neuen Regierung in der Berg-Karabach- Frage gerechtfertigt.

dt. Eveline Passet

* Journalist, Paris.

Fußnote: 1 Ursprünglich als eine regierungsunabhängige Organisation gegründet, um sich für die Belange der Veteranen des Krieges in Berg-Karabach einzusetzen, hat sich die Jerkrabah (Wächter des Landes) inzwischen zu einer echten Partei entwickelt, ohne dies zuzugeben. Sie ist im Parlament mit rund 77 (von insgesamt 190) Abgeordneten vertreten, meist Überläufern aus dem Republikanischen Block. Und mitunter übernimmt diese Partei, die keine sein will, auch paramilitärische Funktionen – so zum Beispiel im Oktober 1996, als die Wächter des Landes eingesetzt wurden, um gegen Demonstranten vorzugehen, die Unregelmäßigkeiten bei den Präsidentschaftswahlen anprangerten.

Le Monde diplomatique vom 11.12.1998, von JEAN GUEYRAS