15.01.1999

Citizen Murdoch auf der Leiter zur globalen Macht

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Citizen Murdoch auf der Leiter zur globalen Macht

GENAU zu dem Zeitpunkt, da François Pinault sich einen bedeutenden Anteil des Kapitals an TF1 sichert, wird durch das Bündnis, das Rupert Murdoch mit dem größten französischen Privatsender vollzogen hat, eine industrielle – und ideologische – Neuordnung der Medienlandschaft vorangetrieben, die auf strikte Kommerzialisierung angelegt ist. Der australisch-amerikanische Medienmogul Rupert Murdoch ist eine geradezu prototypische Unternehmerpersönlichkeit unserer Zeit: ein Reaktionär, der auf die Gewerkschaften einprügelt, ein Freund und Pate der Mächtigen (egal, ob sie die Rechte oder die linke Mitte repräsentieren), ein Patron professioneller Sportklubs, die ihm lediglich als Instrument der Profitmaximierung dienen. Mit dem Kauf von Manchester United versucht Murdoch gerade, einen weiteren strategischen Deal unter Dach und Fach zu bringen.

Von JEAN-CLAUDE SERGEANT *

Im Auftrag der Regierung Blair hatte David Elstein, Direktor von Channel 5 Broadcasting (dem neuesten terrestrischen Sender in Großbritannien), im April 1998 in Birmingham eine „audiovisuelle Konferenz“ über die Zukunft von Rundfunk und Fernsehen organisiert. Da Großbritannien bis Ende Juni die Präsidentschaft in der Europäischen Union ausübte, wollte man das Interesse an einer Reform der aktuellen EU-Politik im audiovisuellen Bereich signalisieren, die nach britischer Ansicht den Herausforderungen der digitalen Entwicklung nicht gerecht wird.

Um einen Praxisbezug herzustellen, aber sicher auch um der Provokation willen, hatte David Elstein schon am ersten Konferenztag einen Vortrag von Rupert Murdoch vorgesehen, der über den siebtgrößten Medienkonzern der Welt gebietet.1 Die Zuhörer wurden nicht enttäuscht. Der Firmenchef von News Corp. zog wie üblich gegen die öffentlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten zu Felde, die angeblich „ungerechte und ungesunde“ Privilegien genießen würden; er ging sogar so weit, die Europäische Rundfunkunion (EBU) der Wettbewerbsverzerrung zu bezichtigen.

Vor allem aber wetterte Murdoch gegen die BBC und ihre Fernsehgebühren, die er mit einer indirekten Steuer verglich, und kritisierte den angeblich unlauteren Wettbewerb durch den neuen 24-Stunden- Nachrichtenkanal, den die BBC im Herbst 1997 eröffnet hatte. Aber auch die privaten britischen Fernsehgesellschaften blieben nicht ungeschoren: Sie würden unternehmerische Initiative vermissen lassen; ihre wichtigsten Vertreter (Carlton und Granada, die bei weitem nicht über ein so großes Einzugsgebiet wie Bertelsmann oder Canal Plus verfügen) seien viel mehr darauf aus, von den Politikern die Erhaltung der im nationalen Rahmen erworbenen Privilegien zu fordern, als neue Marktanteile im Ausland zu erobern.

Sodann bemühte sich Murdoch als wackerer Streiter gegen jede Form des Protektionismus, die Befürchtungen zu zerstreuen, seine Firmengruppe könnte im britischen Rundfunk- und Fernsehsektor eine marktbeherrschende Stellung erlangen. Seine Muttergesellschaft News Corp., mit Sitz in Australien, hält nur 40 Prozent des Kapitals von BSkyB, dem bedeutendsten Anbieter von Satellitenfernsehen in Europa, und das runde Dutzend Fernsehkanäle, das von dieser Gruppe kontrolliert wird, erreicht nur 5 Prozent des Publikums britischer Privatsender. Der Medienmogul gab sich bescheiden und versicherte, der neue Decoder, den BSkyB Anfang Oktober 1999 einführen wolle und der Zugang zu fünfzig digitalen Kanälen bieten soll, werde auch mit den übrigen digitalen Systemen kompatibel sein.

Diese Argumentationslinie ist nicht neu. Bereits 1995, nachdem die britische Regierung ihr Weißbuch über die angemeldeten wechselseitigen Beteiligungen herausgegeben hatte, geißelte Murdoch mit starken Worten den mangelnden Mut einer Regierung, die „sich abermals von den etablierten Anbietern einwickeln läßt und mit dem Beifall der Mittelmäßigen zufrieden ist, statt sich mit den Besten zu verbinden“2 . Die Regierungspläne, wie sie im Gesetz über Rundfunk und Fernsehen von 1996 beschrieben sind, gestatten einer Verlagsgruppe, die bereits mehr als 20 Prozent der nationalen Presse kontrolliert, keine Mehrheitsbeteiligung an einer privaten Fernsehgesellschaft. News International, die britische Filiale von News Corp., die mit ihren fünf Blättern3 insgesamt 35 Prozent der Auflage aller britischen Zeitungen erzielt, sah sich damit vom Markt der privaten Fernsehsender ausgeschlossen, der damals gerade neu geordnet wurde. Ähnlich erging es der Mirror-Verlagsgruppe, die mit ihren 26 Prozent Marktanteil ebenfalls deutlich über dem Limit lag.

Murdoch warf der Regierung Major also vor, sich mit den Vertretern der Mittelmäßigkeit (Carlton, Associated Newspapers, Pearson, der Guardian-Gruppe) zusammengetan zu haben, die im Gegensatz zu den Murdoch-Firmen nicht den Mumm hatten, sich im richtigen Moment auf das Abenteuer Satellitenfernsehen einzulassen. Daß der Pressebaron dann einen politischen Kurswechsel vornahm und die „New Labour“-Bewegung von Tony Blair unterstützte, ist zweifellos vor allem darauf zurückzuführen, daß seine Firmengruppe in Großbritannien im Bereich des terrestrischen Privatfernsehens keine entscheidenden Anteile erwerben durfte.

Murdoch mochte sich sogar zu Recht benachteiligt gefühlt haben, als die Regierung seine Vorreiterrolle in der Entwicklung von Presse, Rundfunk und Fernsehen in Großbritannien nicht gewürdigt hat, doch seine Vorwürfe an die Konkurrenten, ihre politischen Beziehungen zum eigenen Vorteil genutzt zu haben, sind fehl am Platze. Im Gegenteil ist zu fragen, ob die guten Beziehungen, die Murdoch zu Margaret Thatcher pflegte und die sich seit 1979 in den Schlagzeilen seiner Blätter niederschlugen, nicht eine wichtige Rolle spielten, als er 1981 die Times und die Sunday Times übernahm. Eigentlich hätte sich damals die Kommission für Unternehmenszusammenschlüsse und Monopole einschalten müssen, da eine der Zeitungen, über die verhandelt wurde (Sunday Times), mit ihrer Auflage über 500000 Exemplaren lag.

Aber sie tat es nicht, ebensowenig wie die Regulierungsbehörde für das Privatfernsehen (die Independent Broadcasting Authority, IBA), die sich eigentlich hätte einschalten müssen, als Sky Television (Murdoch) 1990 mit der Unternehmensgruppe British Satellite Broadcasting (BSB) fusionierte, der die IBA zuvor eine Lizenz erteilt hatte. Murdoch erhielt freie Hand, was zwar sicher der wirtschaftlichen Vernunft entsprach (die BSB stand kurz vor dem Konkurs), aber auch auf politische Einflußnahme schließen läßt. Der Citizen Murdoch schaffte es damit nicht nur, die Konkurrenz auszuschalten, er sicherte sich darüber hinaus auch das Monopol des Satellitenfernsehens in Großbritannien und mußte sich dabei nicht einmal an die britischen gesetzlichen Auflagen halten: Seine Fernsehstationen sendeten aus Luxemburg.

Der Aufsteiger im Niedergang des Journalismus

OBWOHL Murdoch in Großbritannien als Freibeuter angesehen wurde, waren seine Grundsätze fast dieselben wie die von Margaret Thatcher: Begeisterung für die Prinzipien des freien Unternehmertums und Verachtung für das biedere „Establishment“, das jedes Risiko scheue und deshalb nicht innovationfähig sei. Seit er 1969 mit den News of the World ein auflagenstarkes Sonntagsblatt gekauft hatte, dessen Erfolg weniger auf politischen Analysen als auf Klatschgeschichten beruhte, spielte er die Rolle des Emporkömmlings in der feinen Gesellschaft der Fleet-Street-Verleger. Als er im selben Jahr auch noch die Sun übernahm, war damit eine tiefgreifende Umwälzung der britischen Presselandschaft angebahnt. Die bereits als Boulevardblatt übernommene Zeitung schaffte es, mit poujadistischen Parolen, Sex und Unterhaltung (und natürlich einem großen Sportteil) eine neue Form von Journalismus zu etablieren – eine zur Parodie verkommene Reinkarnation des Daily Herald, des langjährigen Organs der britischen Gewerkschaften.

Damals begann der Abstieg der britischen Massenpresse in die Niederungen des Sensationsjournalismus. 1978 überstieg die Auflage der Sun erstmals die Viermillionengrenze. Inzwischen hatte Murdoch auch in den Vereinigten Staaten Fuß gefaßt: 1976 kaufte er die New York Post und zwei Zeitschriften, die vorher für ihre fortschrittlichen Positionen bekannt gewesen waren: New York und Village Voice.

Murdoch ist freilich nicht unbedingt der Typ von Pressemogul, wie er in den dreißiger Jahren – etwa in Gestalt von Lord Beaverbrooke – existierte, der die Geschichte Großbritanniens maßgeblich beeinflussen und auf dem Gipfel seiner Macht ganz offen zeigen konnte, wen er mit seiner Propagandamaschine politisch unterstützt. Was Murdoch antreibt, ist vor allem das Profitinteresse. Das hindert ihn nicht, gewisse Sympathien für das konservative neoliberale Lager zu bekunden, die nicht von allen Chefredakteuren seiner Blätter geteilt wird. Harold Evans, den er nach der Übernahme der Times 1981 an die Spitze der Zeitung berief, wurde bereits nach einem Jahr wieder entlassen, weil er etwas zu offen sozialdemokratische Positionen vertreten und sich nicht an die von Murdoch verordnete Pro-Thatcher-Linie gehalten hatte.4

Auch Andrew Neil, der Chefredakteur der Sunday Times, fand wenig Verständnis beim Verlagseigner, als er in der Regierungskrise vom November 1990, die mit der Ablösung Margaret Thatchers durch John Major endete, einen konservativen Gegenspieler Thatchers unterstützte. Als Neil dann 1994 durch höchst unwillkommene Recherchen in Malaysia die Strategie der Ausweitung des Fernsehnetzes Star TV auf ganz Asien gefährdete, setzte Murdoch ihn vor die Tür.5

Aber der Medienmogul ist geschickt genug, den Redaktionen nicht um jeden Preis seine politischen Ansichten aufzuzwingen. Im britischen Wahlkampf 1997 empfahl die Times ihren Lesern, euroskeptische Kandidaten gleich welcher Partei zu wählen, während die Sun offen für „New Labour“ von Tony Blair eintrat, was dazu beitrug, daß der allseits erwartete Labour-Sieg noch ein Stück deutlicher ausfiel.

Als Murdoch 1994 zum ersten Mal mit Blair zusammentraf, wollte er sich von dem jungen Führer der Labour Party zusichern lassen, daß die künftigen Gesetze wechselseitige Beteiligungen unter Medienkonzernen erlauben würden; außerdem ging es ihm darum, eine mögliche Anerkennung von Unternehmensgewerkschaften zu sondieren, denn bei News International waren seit 1987 die allgemeinen Gewerkschaften nicht mehr zugelassen.

Tony Blair dürfte sich in diesen Gesprächen wohl als legitimer Erbe des Thatcherismus präsentiert und seine Ablehnung einschränkender Gesetzesregelungen angedeutet haben. Jedenfalls wurde er 1995 von Murdoch auf eine Insel vor Australien eingeladen, wo er seine politischen Vorstellungen darlegen durfte. Offensichtlich verstanden sich die beiden prächtig: Bereits beim Labour-Parteitag im Oktober 1995 reagierten die Zeitungen der Murdoch-Gruppe, allen voran die Sun, höchst wohlwollend auf die Ausführungen Blairs. Die Times bewies patriotische Haltung, indem sie am 4. Oktober ein Drittel ihrer Titelseite dem Labour-Kongreß widmete – obwohl tags zuvor das Urteil im Prozeß gegen O. J. Simpson ergangen war.

Was die Auflagen für Verlagsgruppen beim Erwerb von Mehrheiten an privaten Fernsehgesellschaften angeht, hat der jetzige Premierminister zwar keine grundlegenden Zugeständnisse gemacht, doch zwischen ihm und Murdoch hat sich ein besonderes Einvernehmen entwickelt, um nicht zu sagen eine Komplizenschaft. So verwandte sich Blair im März 1998 bei einem privaten Treffen mit seinem italienischen Amtskollegen Romano Prodi für Murdochs Pläne, die von Silvio Berlusconi geführte Gesellschaft Mediaset zu erwerben. Murdoch versuchte damals nicht zum ersten Mal, die Fernsehholding Fininvest des italienischen Medienmoguls ganz oder zu Teilen zu übernehmen – in diesem Fall scheiterte das Vorhaben an Berlusconis Preisvorstellung von 3,2 Milliarden Dollar.

Immerhin macht Blairs Vorstoß eines deutlich: Wenn zwei Regierungschefs zusammentreffen, kann es durchaus auch um die Geschäftsinteressen eines Großunternehmers gehen (der überdies ein Anhänger des Wirtschaftsliberalismus ist). Ein weiteres Zeichen für Blairs Bemühen, den Wünschen von Murdoch zu entsprechen, ist die Tatsache, daß die britische Regierung aus ihrem jüngsten Gesetzentwurf zum Wettbewerbsrecht eine Bestimmung herausgenommen hat, die das Oberhaus beschlossen hatte: Sie richtete sich gegen die „Dumpingpolitik“ bei den Zeitungspreisen, mit der die Murdoch-Gruppe seit 1993 operiert hatte. Offensichtlich versucht sich der Labour-Premier das Wohlwollen eines Pressemoguls zu erhalten, der bei der kommenden Volksabstimmung über den Beitritt Englands zur gemeinsamen Währung eine entscheidende Rolle spielen könnte.

Aber gerade zu diesem Thema setzen die Murdoch-Zeitungen der Blair-Regierung neuerdings deutliche Warnschüsse vor den Bug. So brachte die Sun vom 24. Juni 1998 auf ihrer Titelseite – neben einem Bild von Blair – die Schlagzeile: „Ist dies der gefährlichste Mann Großbritanniens?“ Obwohl Blair in dem dazugehörigen Leitartikel als der „populärste Politiker der Welt“ bezeichnet wird, bleibt kein Zweifel offen, wo die politische Unterstützung ihre Grenze hat: „Wenn er versuchen sollte, uns die Einheitswährung zu verpassen, wird er mit dem entschlossenen Widerstand der Sun rechnen müssen.“

Dieser Satz entspricht ziemlich genau den Ansichten des Pressetycoons Murdoch, für den die Institutionen der Europäischen Union in erster Linie mit der Produktion von Richtlinien beschäftigt sind, die das freie Unternehmertum an seiner Entfaltung hindern.

Die Teilnahme des britischen Finanzministers Gordon Brown an einer Konferenz von Führungskräften der Murdoch- Unternehmen im Juli 1998 erklärt sich zweifellos aus dem Bemühen, den Medienmogul mit guten Argumenten für die Position der britischen Regierung zum Euro zu gewinnen. Bei dieser Konferenz, die alljährlich in einem amerikanischen Wintersportort stattfindet, trifft Murdoch stets mit seinem langjährigen Berater Irwin Steltzer zusammen, einem Forschungsdirektor am American Enterprise Institute, das der amerikanischen Rechten zugerechnet wird. Dieser Experte für Fragen der Medienindustrie wurde vom Chef der News Corp. zum Generalbeauftragten für alle Fragen ernannt, die es mit dem britischen Premier zu regeln gibt: von der britischen Haltung zum Euro bis zum Projekt des Millennium Dome (ein gigantisches Bauwerk im Londoner Vorort Greenwich, das als Wahrzeichen der bevorstehenden Jahrtausendwende gedacht ist und von der Sun inzwischen kritisiert wird).

Aber Murdoch und Blair sind sich noch auf andere, subtilere Weise ähnlich. Blair hat niemals ein Hehl daraus gemacht, daß er ein gläubiger Mensch ist, und Murdoch ist im presbyterianischen Glauben großgeworden, dessen Wertvorstellungen er offenbar treu geblieben ist. Zum Teil mag sich aus diesem weltanschaulichen Aspekt die Rolle erklären, die Murdoch in der amerikanischen Politik spielt.6

Tatsächlich hat Murdoch rückhaltlos die Positionen der republikanischen Rechten um Newton Gingrich, den ehemaligen Sprecher des Repräsentantenhauses, gestützt, für die der moralische Verfall Amerikas das Werk der Medien ist.7 Gingrich publiziert seine Schriften (wie Margaret Thatcher und der ultrarechte Oberst Oliver North) im Verlag Harper Collins, einem Kronjuwel des News-Corp.-Imperiums. Der Vorschuß, den er für sein jüngstes Werk erhielt – 4,5 Millionen Dollar – war so ungewöhnlich hoch, daß er sich ausnimmt wie ein Bestechungshonorar für einen einflußreichen Parlamentarier, der Murdoch dienlich sein könnte. Die Sache machte Schlagzeilen, worauf Gingrich sich gezwungen sah, den Vorschuß zurückzuzahlen.8 Aber der Chef von News Corp. begnügt sich als Vermittler der Ideen der Neuen Rechten nicht einfach mit einer Rolle im Hintergrund. Inzwischen unterstützt er sie ganz offen mit dem von ihm finanzierten The Weekly Standard. Das kleine Wochenblatt wurde von William Kristol gegründet, einem bekannten Fernsehkommentator, der früher als persönlicher Referent des damaligen Vizepräsidenten Dan Quayle tätig war.

Murdoch ist zwar überzeugter Antimarxist, hat es aber dennoch geschafft, von der „rotchinesischen“ Führung die Lizenz zu bekommen, von Hongkong aus seinen Unterhaltungssender Phoenix zu betreiben, der unter der Leitung von Star TV steht. Als Zeichen des politischen guten Willens mußte er allerdings im Angebot von Sendern, die über den Satelliten verbreitet werden, das BBC-World-Programm streichen, das in Peking immer wieder für Unmut gesorgt hatte.

Die Absicht, sich das Wohlwollen der chinesischen Regierung zu bewahren, erklärt auch, warum Murdoch sich in die Programmplanung seines Verlags Harper Collins eingemischt hat, um die Veröffentlichung der Memoiren von Chris Patten, dem letzten britischen Gouverneur von Hongkong, zu verhindern: Die deutliche Kritik an der chinesischen Führung, die in diesem Buch geübt wird, hätte vermutlich sein Verhältnis zu Peking gestört. Nachdem der Verlagsleiter von Harper Collins im März 1998 von der Veröffentlichung zurücktrat, war die allgemeine Empörung so groß, daß sie auch durch ein Entschuldigungsschreiben an den Autor (verbunden mit einer hohen Entschädigungszahlung) nicht ohne weiteres einzudämmen war.

Auch Murdoch glückt nicht alles: Im vergangenen Jahr mußte er etliche Rückschläge einstecken. Obwohl er sich drei Jahre lang bemühte, bereits über zwei Satelliten verfügte und die letzte freie Lizenz erworben hatte, blieb ihm der Markt für das Satellitenfernsehen in den USA verschlossen. Ende November mußte er die gesamte Einrichtung an Echo Star verkaufen, den viertgrößten Betreiber von Satellitenfernsehen in den USA.

Ein Imperium und drei Erben

IN Großbritannien hat im September das Kaufangebot für den Fußballklub Manchester United durch News Corp. so großes Aufsehen erregt, daß sich die Regierung entschloß, die Kommission für Monopole und Unternehmenszusammenschlüsse (MCC) einzuschalten: Sie soll bis März 1999 zu der Frage Stellung nehmen, ob der Sender BSkyB, der bis Ende 2001 die Exklusivrechte an der Übertragung aller Spiele des Clubs in der Ersten Liga besitzt, damit einen mißbräuchlichen Einfluß auf die Vereinsgeschäfte erlangt. Peter Mandelson, vor seinem im Dezember 1998 erzwungenen Rücktritt Minister für Handel und Industrie und ein enger Vertrauter des Premiers, fand sich erst auf Drängen von Finanzminister Gordon Brown und Sportminister Gordon Banks bereit, die MMC einzuschalten – deren Befunde die Regierung allerdings nicht zum Handeln verpflichten.

Auch in Italien drohen Murdochs Pläne zu scheitern. Das Kommunikationsministerium will verhindern, daß News Corp. im Verbund mit Telecom Italia ein zweites digitales System etabliert, das dem bisherigen alleinigen digitalen Anbieter Telepiú (der zu 90 Prozent Canal Plus gehört) Konkurrenz machen soll. Anfang Dezember zeigte sich allerdings Franco Bernabe, der neue Präsident von Telecom Italia, über dieses Projekt nicht vollauf begeistert.

Kurz darauf bot Murdoch zur allgemeinen Überraschung 70 Prozent des Kapitals der neuen Digitalfernsehgesellschaft „Stream“ potentiellen Interessenten zum Kauf an – mit der Begründung, News Corp. könne das Projekt nicht allein durchführen. Inzwischen wird gemeldet, News Corp. und der französische Privatsender TF1 hätten zusammen 90 Prozent der Anteile an Stream erworben.

Der BSkyB-Chef wird seinen Gegnern allerdings keineswegs kampflos das Feld überlassen. Es ist unübersehbar, daß Murdochs Aktivitäten in Europa sich gegenwärtig auf Italien konzentrieren: Dort ist der Markt für „Pay-TV“- Angebote noch bei weitem nicht ausgereizt, und dort könnten etwa noch eine Reihe lukrativer Exklusivverträge mit Fußballvereinen abgeschlossen werden.

So hat die Gesellschaft News Corp. Europe, die Murdochs Unternehmungen auf dem Kontinent voranbringen soll, im November 1998 in Mailand Sitz genommen. Und es ist kein Zufall, daß sie nun von Letizia Moretti geleitet wird, einer langjährigen und kompetenten Führungskraft des Staatsfernsehens RAI. Die neue Filiale der Murdoch-Gruppe soll unter anderem, in Zusammenarbeit mit TF1, einen Digitalsender für die Altersgruppe der 15- bis 35jährigen entwickeln, der ab dem Jahr 2000 den Betrieb aufnehmen und dann in direkte Konkurrenz zum konventionellen Satellitensender M6 treten würde (an dem wiederum TF1 beteiligt ist).

Murdoch rühmt sich, weltweit drei Viertel aller Haushalte, die einen Fernsehapparat besitzen, in naher Zukunft erobert zu haben. Und seine Strategie, Verträge mit lokalen Sendern zu schließen, dürfte ihn diesem Ziel auch zweifellos näher bringen. Doch zuvor wird der inzwischen 68 Jahre alte Gründer des Murdoch-Imperiums noch eine andere Aufgabe bewältigen müssen: Er muß die Eintracht zwischen seinen drei Erben erhalten, die noch längst nicht davon träumen dürfen, die Erbfolge im Hause Murdoch anzutreten.

dt. Edgar Peinelt

* Professor an der Universität Paris III.

Fußnoten: 1 Vielleicht ergab sich diese Initiative auch aus den früheren beruflichen Verbindungen Elsteins: bevor er die Leitung von Channel 5 Broadcasting übernahm, war er Programmdirektor bei BSkyB gewesen. 2 „Cross? You bet“, The House Magazine, nachgedruckt in The Guardian vom 30. Mai 1995. 3 Sun, News of the World, Times, Sunday Times und Today (im November 1995 eingestellt). 4 Seine Beziehungen zu Murdoch hat Harold Evans in seinem Buch „Good Times, Bad Times“ (Weidenfeld and Nicholson 1983) offengelegt. 5 Vgl. Andrew Neil, „Full Disclosure“, (Pan Books) 1996, Kapitel 14. 6 Andrew Neil sieht das allerdings anders: „Ich denke, daß seine Beziehungen zur christlichen Rechten [der USA] weniger von religiösen als von politischen Motiven bestimmt sind.“ Neil, a. a. O., S. 212. 7 Siehe das Dossier „Die neuen Herren der Welt“, Le Monde diplomatique, Mai 1995. 8 Leo Bogart, „What does it all mean?“, Media Studies Journal (Columbia University), Frühjahr/ Sommer 1996.

Le Monde diplomatique vom 15.01.1999, von JEAN-CLAUDE SERGEANT