07.09.2023

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Das Al-Sisi-Regime in Ägypten setzt in seinem Feldzug gegen missliebige Medien neuerdings das Instrument der Sippenhaft ein. Am 22. August wurde der 58-jährige Schneidermeister Gamal Ziada in seinem Geschäft in Nahia bei Kairo verhaftet und für zunächst 15 Tage in Untersuchungshaft genommen. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft ihm „die Verbreitung gefälschter Nachrichten“ und „Mitgliedschaft in einer subversiven Organisation“ vor, obwohl Ziada sich niemals politisch betätigt hat. Der einzige Grund für seine Verhaftung: Er ist der Vater des Journalisten Ahmed Gamal Ziada, über dessen Aktivitäten er von der Polizei verhört wurde. Sein Sohn lebt in Belgien, wo er seit Anfang 2023 die unabhängige Website Zawia Thalitha leitet und regimekritische Berichte verfasst, die in Ägypten niemals publiziert werden könnten. Ahmed Gamal Ziada war 2019 aus Ägypten geflohen, nachdem er von der Polizei mehrfach bedroht und verhaftet worden war.

An 22. August wurde in China der politische Journalist und Autor Zhou Yuanzhi festgenommen, der erst vor 16 Monaten wieder auf freien Fuß gekommen war. Der 62-Jährige hatte von November 2017 bis Mai 2022 eine Gefängnisstrafe verbüßt, die ein Gericht in der Provinz Hubei wegen „Diffamierung“ und „Auslösung von Streitigkeiten“ gegen ihn verhängt hatte. Die Gründe für seine neuerliche Verhaftung wurden nicht bekanntgegeben. Beobachter vermuten jedoch, dass Zhou Yuanzhi seine Kritik am Versagen der Behörden bei der jüngsten Überschwemmungskatastrophe in der Provinz Hubei zum Verhängnis wurde.

In Australien verdichten sich die Anzeichen, dass die Regierung sich ernsthaft um die Freilassung von Julian Assange bemüht, der im Londoner Belmarsh-Gefängnis sitzt. Der Mitbegründer von Wikileaks, dessen Auslieferung an die USA von den britischen Behörden vorbereitet wird, ist australischer Staatsbürger und genießt in seiner Heimat große Sympathien. Nach Presseberichten will Pre­mierminister Anthony Albanese bei seinem Besuch in Washington Ende Oktober das Thema Assange ansprechen und eine „Lösung“ für den gesundheitlich stark angeschlagenen Journalisten erreichen. Wie die aussehen könnte, hat die US-Botschafterin in Australien Mitte August angedeutet. Sie sprach von einem „plea deal“, der auf eine verminderte Strafe hinauslaufen würde, die durch die über vierjährige Haftzeit Assanges in England abgegolten sein könnte. Das würde allerdings voraussetzen, dass die US-Justiz den Vorwurf der „Spionage“ fallen lässt, was Außenminister Blinken noch vor kurzem ausgeschlossen hat. In Australien wird die Strafverfolgung des Whistleblowers auch von juristischer Seite scharf kritisiert, weil Assange kein US-Bürger ist und seine angeblichen Straftaten nicht auf US-Gebiet begangen wurden. Mehrere ehemalige Generalstaatsanwälte sprachen in einem Brief an Premierminister Albanese von einem „gefährlichen Präzedenzfall“. Damit seien Medienschaffende in aller Welt bedroht, falls sie Informationen veröffentlichen, „die das US-Militär einseitig als sicherheitsrelevante Geheimsache klassifiziert hat“.

Le Monde diplomatique vom 07.09.2023