13.01.2022

Meldungen des Monats

zurück

Meldungen des Monats

Audio: Artikel vorlesen lassen

In seiner Bilanz für das Jahr 2021 (abgeschlossen am 1. Dezember) verzeichnet ROG/RSF mit 488 inhaftierten Medienschaffenden eine um 20 Prozent höhere Zahl als im Vorjahr. Der Anstieg hat vor allem mit der Entwicklung in Belarus, China und Myanmar zu tun. Auch ein anderer Trend hat sich im vergangenen Jahr auffällig verstärkt. Noch nie wurde eine so hohe Zahl von inhaftierten Journalistinnen registriert. Ende 2021 saßen 60 Frauen wegen ihrer Arbeit im Gefängnis, 33 Prozent mehr als 2020. Damit machen Journalistinnen inzwischen 12,3 Prozent aller inhaftierten Medienschaffenden aus, fast doppelt so viele wie noch vor vier Jahren. Dieser Anstieg zeigt, dass immer mehr Frauen journalistisch arbeiten und damit medienspezifischen Repressionen ausgesetzt sind.

In Belarus sind unter den inhaftierten Medienschaffenden sogar mehr Frauen (17) als Männer (15). Davon sind 9 professionelle Journalistinnen und 8 Mitarbeiterinnen in anderen Positionen (etwa Buchhalterinnen oder Juristinnen im Medienbereich). Auch die ersten Urteile der belarussischen Strafjustiz nach Beginn der Protestbewegung im August 2021 ergingen gegen Journalistinnen: gegen Darja Tschulzowa und Kazjaryna Andrejewa, die für den in Polen ansässigen belarussischen TV-Sender Belsat arbeiteten. Weil sie live von einer nicht genehmigten Demonstration berichtet hatten, wurden sie wegen „Organisation und Vorbereitung von Handlungen, die die öffentliche Ordnung grob verletzen“ zu zwei Jahren Straflager verurteilt.

Weltweit am meisten Journalistinnen sind in China inhaftiert, und zwar mindestens 19 (von insgesamt 127), 3 von ihnen in der „Sonderverwaltungszone“ Hongkong. Die prominenteste ist Sofia Huang Xuequin, die mit einer Studie über die sexuelle Belästigung chinesischer Journalistinnen bekannt wurde und sich für die chinesische MeToo-Bewegung engagiert hat. Sie wurde der „Anstiftung zum Umsturz“ angeklagt und sitzt bis zum Beginn ihres Prozesses in Einzelhaft.

In Myanmar sind derzeit 6 Journalistinnen inhaftiert (insgesamt 53). Zu ihnen gehört Ma Thuzar, die eine führende Rolle bei der Berichterstattung über die Proteste nach dem Militärputsch vom 1. Februar spielte. Sie wird seit ihrer Festnahme am 1. September 2021 im berüchtigten Insein-Gefängnis ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten.

Vier Journalistinnen sitzen in Vietnam im Gefängnis (insgesamt 43), unter ihnen Pham Doan Trang, die 2019 den RSF Press Freedom Award erhalten hat. Sie wurde am 6. Oktober 2020 in Ho-Chi-Minh-Stadt verhaftet und blieb bis November 2021 von der Außenwelt abgeschnitten. Am 14. Dezember 2021 wurde sie wegen „Propaganda gegen den Staat“ zu neun Jahren Haft verurteilt.

In Iran wurde zuletzt die Journalistin und Menschenrechtsverteidigerin Narges Mohammadi nach einem Jahr in Freiheit erneut verhaftet. Sie hatte bis Oktober 2020 insgesamt fünf Jahre im Gefängnis verbracht, wo sie wiederholt misshandelt wurde. Die neue Anklage gegen Mohammadi lautet auf „Propaganda gegen die Regierung mittels Veröffentlichung falscher Nachrichten“. Als Strafe drohen ihr weitere drei Jahre Gefängnis und 80 Peitschenhiebe.

Le Monde diplomatique vom 13.01.2022