10.11.2016

Gestern in LMd, heute in den Nachrichten

zurück

Gestern in LMd, heute in den Nachrichten

Selahattin Demirtas

Audio: Artikel vorlesen lassen

In der Türkei treibt Präsident Erdogan mit repressiven Maßnahmen den politischen Gegenputsch voran, mit dem er auf den gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli reagiert. Nachdem das Militär, die Justiz, die Verwaltung, die Universitäten und die Medien von angeblichen Mitgliedern einer „Gülenistischen Terrorgruppe“ gesäubert wurden, sind nun die Kurden an der Reihe. Die Demokratische Partei der Völker (HDP), die von einem Großteil der kurdischen, aber auch von vielen linken Wählern unterstützt wird, war dem Erdogan-Regime schon vor dem Putsch ein Dorn im Auge. Durch ihren Einzug in die „Große Nationalversammlung“ 2015 verhinderte die HDP eine Zweidrittelmehrheit der AKP und den Umbau der Türkei zu einem autoritären Präsidialsystem. Seitdem versucht das Regime die HDP-Stimmen zu neutralisieren. Erster Schritt war im Mai eine „zeitweilige“ Verfassungsänderung, mit der die Immunität von Abgeordneten rückwirkend aufgehoben wurde. Am 4. November wurden zehn Mitglieder der HDP-Fraktion verhaftet, darunter die beiden Parteivorsitzenden Figen Yüksekdag und Selahattin Demirtas, der zugleich Vorsitzender der HDP-Parlamentsfraktion ist. In Le Monde diplomatique vom Juli 2016 haben wir einen Beitrag von Demirtas veröffentlicht, in dem er Erdogans Pläne, „die HDP aus dem Parlament und dem gesamten politischen Leben des Landes zu verbannen“, anprangert. „Wir waren die Zukunft der Türkei“ stand als Titel über diesem prophetischen Text, der sich leider voll bestätigt hat.

Wahlen in den USA

Das Wahlsystem der USA gilt als veraltet und undemokratisch. Wie die gigantischen Kampagnen der Präsidentschaftskandidaten finanziert werden, ist seit Langem umstritten; entsprechende Gesetze werden umgangen und sind ohnehin unzulänglich. Im Juli 2106 untersuchte Anne Deysine für Le Monde diplomatique das Zusammenspiel von Geld und politischer Macht („Die US-Justiz, das große Geld und der Wahlkampf“). Wie wenig repräsentativ die Wahlen sind, verdeutlichte auch der US-Journalist Brentin Mock in Le Monde diplomatique vom Oktober 2014 unter dem Titel: „Wählen in den USA. Wie man gewinnt, obwohl man keine Mehrheit hat“. Der Autor zeigt, wie im Interesse der jeweils dominierenden Partei gezielt Wahlkreise verschoben und Mehrheiten zu Minderheiten gemacht werden.

Le Monde diplomatique vom 10.11.2016