13.01.2006

Meldungen des Monats

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Schlechte Nachrichten

Im kurdischen Teil des Irak wurde am 19. Dezember 2005 der österreichische Staatsbürger Kamal Sayid Qadir zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt. Der Rechtsanwalt kurdischer Abstammung hatte im Internet mehrere Artikel veröffentlicht, die angeblich eine „Verleumdung“ des Kurdenführers Massud Barsani darstellen. Qadir war am 26. Oktober 2005 von Mitgliedern der Parastin, des Geheimdienstes der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP), festgenommen worden. In seinen Artikeln hatte er die Politik von KDP-Chef Barsani angegriffen. Seine Verurteilung erfolgte angeblich nach kurdischem Stammesrecht und nicht nach den Gesetzen des Regionalparlaments im Nordirak. Qadir sitzt im Gefängnis von Erbil und soll sich im Hungerstreik befinden.

In Israel wurde dem britischen Reporter Bassem al-Jamal, der für den arabischen Fernsehsender al-Arabia arbeitet, der Zutritt zum Westjordanland untersagt. Damit verhindern die israelischen Behörden, dass er über die für den 25. Januar geplanten Wahlen zum Palästinensischen Autonomierat berichten kann. Al-Jamal wurde bereits dreimal „aus Sicherheitsgründen“ der Zutritt zum Westjordanland untersagt. Im jüngsten Fall lautet die offizielle Begründung, er habe „Kontakt mit feindlichen Gruppen“ gehabt. Der Journalist hat mehrere Berichte über die Sperranlagen an der Demarkationslinie zum Westjordanland produziert und dabei auch Mitglieder der „Al-Aksa-Märtyrerbrigaden“ interviewt.

Gute Nachrichten

In China wurde am 3. Januar in Dalian, der Hauptstadt der Provinz Lianong, der Journalist Jian Weiping aus dem Gefängnis entlassen. Damit erließen ihm die Behörden erneut ein Jahr der Gefängnisstrafe. Der Journalist war im Dezember 2000 wegen „Verbreitung von Staatsgeheimnissen“ und wegen des „Versuchs, die Regierung zu stürzen“, zu einer Gefängnisstrafe von acht Jahren verurteilt worden, die er 2001 angetreten hatte und die 2002 auf sechs Jahre reduziert wurde. Er hatte für eine Hongkonger Zeitung über Korruptionsfälle im Nordosten des Landes berichtet und unter anderem den Gouverneur der Provinz Lianong belastet, der später ins Zentralkomitee der KPCh gewählt und zum Handelsminister in Peking berufen wurde. Der Straferlass wird von Beobachtern mit dem bevorstehenden USA-Besuch des chinesischen Präsidenten Hu Jintao erklärt. Seine staatsbürgerlichen Rechte kann der Journalist allerdings erst 2009 wieder ausüben.

In Brasilien korrigierte eine Richterin am Obersten Gericht des Bundesstaates São Paulo eine von ihr selbst verfügte Zensurmaßnahme. Sie hatte am 9. Dezember 2005 angeordnet, die Betreiber der Website Folha Online müssten 165 Seiten eines Berichts löschen, der die gerichtlichen Ermittlungen gegen das kanadische Consulting-Unternehmen Kroll in einem Fall von Industriespionage dokumentierte. Spioniert hatte Kroll gegen die Telecom Italia, angeblich im Auftrag des Konkurrenten Brasil Telecom. Nach der revidierten Entscheidung vom 14. Dezember bleiben aufgezeichnete Telefongespräche und E-Mails sowie Kontoauszüge weiter unter Verschluss.

Le Monde diplomatique vom 13.01.2006