16.04.1999

Julian Schnabel

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Julian Schnabel

„Wir leben heute im vom Markt beherrschten Zeitalter der Imitation, wie es Walter Benjamin vorausgesehen hat, in welchem Kunst produziert wird, um imitiert zu werden. (...) Müssen wir es von neuem erlernen, die simple, unmittelbare Erfahrung der eigentlichen Begegnung mit einem Gemälde zu machen? Dies könnte ein wesentlicher Aspekt der Arbeit von Julian Schnabel sein“, schrieb William Gaddis.

Schnabel, 1951 in New York geboren (und heute dort lebend), gilt als postmodernistischer Künstler; er setzt unterschiedliche Elemente scheinbar unvermittelt zusammen; sie überlagern sich, setzen das Bild von innen nach außen zusammen und umgekehrt, bis Rahmen und Bildinhalt nicht mehr zu unterscheiden sind. Seine Werke sind nicht Protest, nicht Ausdruck gesellschaftlicher Realität, sondern Wiedergabe einer subjektiven Realität. Seine eigene, ständig wechselnde Wahrnehmung spiegelt sich in seinen Bildern wider. In den Liebeserklärungen auf den alten Landkarten, in den Skizzen von römischen Säulen, die durch Farbstriche chaotisiert und emotionalisiert werden. Im Gegensatz zu seinen monumentalen, grellfarbigen Gemälden kommt in seinen Zeichnungen ein verhaltener Künstler zu Wort.

Le Monde diplomatique vom 16.04.1999