15.06.2001

Neo Rauch

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Neo Rauch

„Ich bin offenbar ein Erzähler, ich benötige Gegenständliches, um der Poesie meiner Träume näher zu kommen“, hat Neo Rauch einmal gesagt. Während die einzelnen Figuren und Gegenstände unmittelbar zu identifizieren sind, bleibt der Gehalt der Bilder schwer zugänglich: Kabel, die sich wie eine im Nichts endende Rennbahn durchs Bild schlängeln, Menschen, die Luft in leere Vasen füllen – und keiner schaut den andern an, jeder blickt, wenn überhaupt, in sein eigenes Vorwärts.

Basis seiner Bilder ist ein „innerer Lichtbildvortrag“ (Francis Bacon), der Elemente aus der (DDR-)Werbegrafik der Fünfziger- und Sechzigerjahre mit Versatzstücken aus der Wirklichkeit zu surrealen Assoziationen fügt. Verschiedene Elemente tauchen dabei immer wieder auf – jener Bär mit Menschengesicht etwa, den er „Hirt“ nennt und der als einziges Wärme und Hinwendung verströmt.

In Rauchs an surrealistische Collagen erinnernden Bildern der letzten Jahre wirken die Figuren wie Fremdkörper, die eine zweckvergessene Produktivität zur Schau stellen. Die Größe und der eigenwillige Farbauftrag sorgen für kraftvolle Präsenz; die Überzeichnung der Konturen unterstreicht die Eingeschlossenheit der Figuren und Gegenstände. Auf die Frage nach seinem Verhältnis zur abstrakten Kunst antwortete er: „Die Farbe hat einen eigenen Auftrag, aber im strengen Gehege der Figur.“ M.L.K.

Le Monde diplomatique vom 15.06.2001, von M.L.K.