Archiv: Texte

In unserem Textarchiv finden Sie alle Artikel aus der deutschen Ausgabe seit 1995. Ausgenommen sind die Artikel der letzten drei Ausgaben.
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Ausgabe vom 15.08.1997


  • DIE jüngsten Parlamentswahlen in Kanada vom 2. Juni brachten eine regelrechte Balkanisierung der politischen Landschaft. Die drei großen Parteien erfuhren nur regionale Unterstützung. Die liberale Regierungspartei Jean Chrétiens, die in Ottawa mit knapper Mehrheit wiedergewählt wurde, errang 103 ihrer 155 Sitze in der Provinz Ontario; der Bloc Québécois (44 Sitze) ist nur in der Belle Province vertreten, und die ultraliberale Reformpartei gewann nur einen Sitz außerhalb ihrer Hochburg, den Westprovinzen. Noch komplizierter wird das ganze, wenn im Jahr 1999 in den Northwest Territories das autonome Nunavut-Territorium und später vielleicht innerhalb der Provinz Quebec das Nunavik-Territorium geschaffen werden, die das gemeinsame Heimatland der Inuit bilden würden, eines der über die ganze Arktis verstreut lebenden „ersten Völker“ Kanadas.Von
    PHILIPPE BOVET
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  • Von
    IGNACIO RAMONET
  • Als am 16. Juli dieses Jahres die Generalversammlung der UNO in einer Resolution den Bau der Siedlung Har Homa verurteilte, gab es lediglich drei Gegenstimmen: Israel, die Vereinigten Staaten und – Mikronesien. Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu weigert sich hartnäckig, die Lehren aus seiner internationalen Isolierung zu ziehen, und verfolgt weiterhin seine Strategie der Flucht nach vorn. Seine Entscheidung, nur 40 Prozent des Westjordanlands der Palästinensischen Selbstregierungsbehrde zu übergeben, ist begleitet von der Drohung, im Falle weiterer Auseinandersetzungen Hebron zurückzuerobern. Zur großen Verzweiflung aller Friedenskämpfer des Landes setzt die derzeitige Koalition auf eine großangelegte Explosion. ■ Von
    URI AVNERY *
  • Bei den Intellektuellen ist die soziale Wirklichkeit aus der Mode gekommen. Es scheint, als kapitulierten sie vor den Gesetzen der Medien. Aus freien Stücken schnüren sie sich in das Korsett ihrer lukrativen Dressur. ■ Von
    JUAN GOYTISOLO *
  • WAS hat es mit dem weltweiten Erfolg der Fernsehserie „Akte X“ auf sich? Ist am Ende das cartesianische „Ich denke“ einem sehr mystischen „Ich glaube“ gewichen, einer Ausgeburt aus New Age und grauen Vorzeiten? Neue intellektuelle, kulturelle und religiöse Faszinationen haben in den letzten Jahren die Massenmedien, Zeitungen, Bücher, Film, Fernsehen, Internet etc., überschwemmt. Angesichts der wachsenden Orientierungslosigkeit in der Krise begeben sich immer größere Teile der Gesellschaft auf die Suhe nach Spiritualität und scheinen bereit, sich verführen zu lassen. Was aber bedeutet diese neue Welle des kontemplativen Symbolismus? ■ Von
    PIERINE PIRAS *
  • DAS Rußland Boris Jelzins hat bekanntlich etliche Merkmale der ehemaligen Sowjetunion beibehalten. Paradoxerweise sind auch die sozialen Trennungslinien der liberalen Gesellschaft mit denen der kommunistischen Ära identisch. Die neue politische und Wirtschaftselite besteht größtenteils aus jener „Jeunesse dorée“ (solotyje detki), die erstmals in den siebziger Jahren in Erscheinung trat und Privilegien genoß, welche den „grauen Mäusen“ (seryje krysy) verschlossen waren. Wie überall auf der Welt nutzt die Mafia beide Gruppen aus, um ihre Macht weiter auszubauen.Von
    K. S. KAROL
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  • Von unserer Korrespondentin
    MARIE-CLAUDE SLICK
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  • Jeden Winter fallen Menschen der Kälte zum Opfer, etwa weil sie keine Wohnung haben. Vor zwei Jahren jedoch starben in Chicago Hunderte während einer Hitzewelle: ohne Strom und Wasser, verbarrikadiert in den eigenen Wohnungen, weil sie sich in den gefährlichen Vierteln nicht auf die Straße trauten. Ein „natürlicher“ Tod? So beteuerten die Medien nach zwei Mitleidssätzen über die unglücklichen Umstände. Doch die Opfer von gestern und von morgen brauchen nicht so sehr gnädigere Temperaturen oder bessee Wetrvorhersagen. Was sie umbringt, sind Armut und ethnische Segregation. Wichtiger als die metereologischen sind die soziologischen Erkenntnisse. Die Auswirkungen des Wetters geben Auskunft über den Zustand der Welt, die wir errichtet haben. ■ Von
    ERIC KLINENBERG
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  • Von
    SAMIR AMIN
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  • TOTALITÄT oder Globalität? Heute stellt sich zwangsläufig die Frage, was der von aller Welt im Munde geführte Begriff der „Globalisierung“ eigentlich bedeutet. Dient das Wort dazu, den allzu sehr durch den Kommunismus abgenutzten Begriff des „Internationalismus“ wiederzubeleben, oder steht er, wie viele behaupten, für den Kapitalismus des einheitlichen Marktes? Beides ist völlig unzutreffend. Nach dem von Fukuyama vor einigen Jahren voreilig angekündigten „Ende der Geschichte“ verweist dieser Begriff in Wahrheit auf das Ende der Geographie, das Ende des Raums unseres kleinen Planeten, der sich im elektronischen Äther der modernen Telekommunikationsmittel und im Cyberspace des Internet wiegt.Von
    PAUL VIRILIO
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  • Je genauer wir unser eigenes „modernes Zeitalter“ betrachten, desto deutlicher könnte sich die historische Parallele zur Niedergangsphase des Römischen Reiches abzeichnen. Auf der einen Seite die Massen verzweifelter Proletarier, die von Polizeiregimentern drangsaliert wurden. Auf der anderen Seite eine Anhäufung enormer Reichtümer, deren Besitzer sich hinter festen Mauern in ihren Villen verschanzten. Schon damals gab es zwischen diesen beiden Welten keine Berührungsflächen ... ■ Von
    DENIS DUCLOS
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  • VON Marokko bis zur Türkei befinden sich die Länder heute im Übergang zu offenen, liberalen Wirtschaftssystemen. Auf die staatlichen Modernisierungsprojekte der sechziger und siebziger Jahre folgte eine schrittweise Modernisierung durch den Markt. Die staatlichen Strategien zur Überwindung der Unterentwicklung wurden von Ende der fünfziger bis Ende der siebziger Jahre durch die Expansion der Weltwirtschaft ermöglicht. Diese fand Anfang der achtziger Jahre ihr Ende. Und viele Ausgegrenzte, arbeitslos Schul- und Hochschulabsolventen und Marginalisierte aus den Städten, wenden sich jetzt den islamistischen Organisationen zu. ■ Von
    SAMI NAÏR
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  • In Mexiko brachten die Wahlen vom 6. Juli 1997 einen politischen Erdrutsch: Erstmals seit fast siebzig Jahren verlor die Partei der Institutionalisierten Revolution (PRI) die absolute Mehrheit im Abgeordnetenhaus, die Kontrolle über einige Bundesstaaten und das Bürgermeisteramt von Mexiko-Stadt, wo der Chef der (sozialdemokratisch orientierten) Demokratischen Revolutionspartei (PRD), Cuauhtémoc Cárdenas, zum Stadtoberhaupt gewählt wurde. Die Zapatistische Befreiungsarmee EZLN hat in Chiapas keine Wahlempfehlung gegeben und sich in die Regenwaldregion von Lacandona zurückgezogen. Dort verfaßte der Sprecher der Bewegung, Subcomandante Marcos, eine geostrategische Analyse, die wir im folgenden dokumentieren.Von
    SUBCOMANDANTE MARCOS
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  • FÜR den internationalen Radsport ist die Tour de France das Ereignis des Jahres. Für Frankreich ist sie die Sportveranstaltung mit der ehrwürdigsten Tradition. Für die Start- und Zielorte ihrer Einzeletappen ist sie ein Volksfest und ein regionaler Wirtschaftsfaktor. Man kann die Tour de France aber auch mit ethnologischen Augen betrachten: als Konstellation, bei der sich das moderne Frankreich in seinen eigenen Erinnerungen spiegelt.Von unserem Korrespondenten
    MARC AUGÉ
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  • DIE Begeisterung für Fußball und andere populäre Sportarten greift zunehmend auf das sogenannte gehobene Publikum über: auf Studenten, Lehrer und Professoren, auf Manager, Künstler und Kulturschaffende. Woher rührt diese Begeisterung, wo doch in den Medien ununterbrochen die Herrschaft des Geldes und die verheerenden Folgen des Dopings im Profisport hervorgehoben werden? Liegt es daran, daß eine in die Krise geratene Zivilisation auf Mythen und positive Helden angewiesen ist, um sich Mut zu machen fr eine gefährdete Zukunft? ■ Von
    MANUEL VÁZQUEZ MONTALBÁN
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